„Der Kommunismus ist für uns nicht ein Zustand, der hergestellt werden soll, ein Ideal, wonach die Wirklichkeit sich zu richten haben [wird]. Wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt. Die Bedingungen dieser Bewegung ergeben sich aus der jetzt Bestehenden Voraussetzung.“ (Marx/Engels)
Das war ausgerechnet die Definition des Kommunismus bei den Oberkommunisten Marx und Engels. Wie kommt denn sowas? Der Kommunismus sei also kein Ideal, wonach sich die Wirklichkeit zu richten habe? Sind denn die Kommunisten nicht Utopiker, die eine ideale Gesellschaft verwirklichen wollen?
Kommunismus keine Utopie?
Kommunistische Utopien
Marx und Engels lehnten diese Ansichten ab. Sie brachten aber auch die besten Argumente gegen diese Vorstellungen von Kommunismus. Vor dem Marxismus gab es den sogenannten "utopischen Sozialismus" von Babeuf, Saint-Simon, Fourier und Owen. Marx und Engels kritisierten diese Sozialisten als utopisch, weil sie tatsächlich den Kommunismus als „ein Ideal, wonach die Wirklichkeit sich zu richten“ habe betrachteten. Entsprechend versuchten sie, die kommunistische Gesellschaft im Voraus im Alleingang zu skizzieren. Fourier ging so weit zu sagen, die zukünftige Gesellschaft müsse in landwirtschaftliche Gemeinschaften von je genau 1620 Menschen eingeteilt werden. Auch der Alltag wurde teils von diesen Theoretikern im Voraus entworfen. Die utopischen Sozialisten hatten aber keinen anderen Weg zu ihrem Ideal als es anderen Menschen vorzuschreiben. Sie sahen den Kommunismus eben nicht als „die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt.“ Diese Mängel der utopischen Sozialisten wurden von den Marxisten behoben.
Die wissenschaftliche Kritik des Kapitalismus
Marx und Engels analysierten den Kapitalismus und seine Widersprüche hingegen wissenschaftlich. Aus diesen Widersprüchen ergab sich ihr Verständnis des Kommunismus als wirkliche Bewegung im Gegensatz zu den utopischen Vorstellungen des Kommunismus. Indem der Kapitalismus ständig Menschen ökonomisch ausbeutet und verlendet und indem der kapitalistische Staat die Menschen unterdrückt und die Demokratie arg beschränkt, provoziert der Kapitalismus immer wieder auch Widerstand. Die Menschen sehen, dass sie Reichtum produzieren, aber nur wenig davon abbekommen. Sie sehen, dass sie in einer Demokratie leben, die immer weniger Teilhabe ermöglicht. Sie wünschen sich eine gerechtere Reichtumsverteilung und eine demokratischere Gesellschaft. Und sie kämpfen für Umverteilung und Demokratie. Genau diese Wünsche und ihr Kampf sind die wesentlichen Gründe dafür, den Kommunismus als die wirkliche Bewegung zu verstehen.
Selbstbefreiungskämpfe im Kapitalismus = Kommunismus
Diese Bewegung existiert tatsächlich schon in der kapitalistischen Gesellschaft. Jeder Kampf um bessere gesellschaftliche Verhältnisse, um gesellschaftlichen Fortschritt ist also „die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt.“ Es ist dabei nachrangig, ob es Kommunisten, Sozialdemokraten, diskriminierte Homosexuelle, sexistisch unterdrückte Frauen oder sich für unpolitisch haltende Menschen in der „Occupy“-Bewegung sind, die da kämpfen. Entscheidend ist, dass sie unabhängig davon, was sie kurzfristig und bewusst wollen, Selbstbefreiungskämpfe führen. Genau diese Kämpfe heben die Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft auf. Wenn sich die Menschen von Klassengesellschaft, Ausbeutung, Verelendung, staatlicher Unterdrückung und der Beschneidung der Demokratie befreien, dann machen sie Kommunismus. Daher versuchen Kommunisten all solche Kämpfe zu unterstützen, die zu mehr Freiheit führen. Dass das nicht immer klappt, wie gewollt, darf ruhig Thema eines anderen Artikels sein. ;)
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