Montag, 10. März 2014

"Die Regierung der Ultraliberalen und Nazis" - Kommuniqué Nr. 4 der Union "Borotba" und des Antifaschistischen Zentrums

Am 27.02.2014 hat die ukrainische sozialistische Organisation "Боротьба" (Borotba/ borot'ba, dt.: Streit, Zwist, Kampf) ihre vierte Verlautbarung veröffentlicht, die auf ihrer Homepage http://borotba.org/ auf Russisch und Englisch zugänglich ist und hier als erstes ins Deutsche übersetzt wurde.

Hier ist eine erste Übersetzung der Verlautbarung ins Deutsche durch die geheimnisvolle Blogger-Gemeinschaft von alexithymiaN.blogspot.de. Eine weitergehende Verbreitung linker Positionen über die Lage in der Ukraine ist ebenso wünschenswert wie die Zerschlagung des Kapitalismus.

Deutsch:


Kommuniqué Nr. 4 der Union "Borotba" und des Antifaschistischen Zentrums




Die Regierung der Ultraliberalen und Nazis

In nächster Zeit wird eine scharfe ökonomische Krise auf unser Land zukommen, die an eine vollständige wirtschaftliche Katastrophe, Hyperinflation und Messenverelendung grenzt. Unter solchen Bedingungen stützt sich die herrschende Klasse auf paramilitärische Nazikorps, während sie die Verantwortung für die Krise auf "Moskau-Russkis" und "Tituschko"-Schädlinge schiebt, mit denen die "Patrioten" nun den Kampf aufnehmen. Daher steht heute der antifaschistische Kampf an erster Stelle.

Die neue Regierung wurde vorgestellt. Es ist eine "Kamikaze-Regierung", wie der neue Premier Jazenjuk sie selbst charakterisierte. Sie wird nicht länger bestehen bleiben als bis zu den Wahlen am 25. Mai. Sie wird die räuberischen Bedingungen für einen Kredit vom IWF annehmen und daraufhin dem ökonomischen Kollaps zum Opfer fallen. Genau das ist der Grund dafür, wieso die Schlüsselfiguren der liberal-nationalistischen Opposition nicht in diese Regierung eingetreten sind. Nichtsdestotrotz wird diese Regierung von den Ultrarechten und Nazis kontrolliert, wie wir es vorhersagten. Den Posten des Vize-Premiers und eines Ministers erhielten zwei Vertreter der "Swoboda": Sytsch und Mochnyk. Bildungsminister wurde der überzeugte Nazi und ehemalige Hundertschaftsführer der Organisation "Stepan Bandera-Dreizack", Kwit. Als er der Rektor der
Nationalen Universität "Kiew-Mohyla-Akademie" war, zog er den Hass aller progressiven Studierenden auf sich. Den Posten eines stellvertretenden Leiters im Rat für Nationale Sicherheit und Verteidigung hat man A. Jarosch, einem Führer der Ultranationalisten vom "Rechten Sektor", angeboten.

Die Putschistenregierung beweist ihren autoritären, halb-faschistischen Charakter. Durch das Parlament soll die Kommunistische Partei verboten werden. Solche Verbote sollen vermutlich der gesetzlichen Legitimierung von Racheakten und Pogromen der Neonazi-Banden dienen. Der kommissarische Präsident Turtschinow ließ Journalisten der führenden Kanäle zu sich rufen und diktierte ihnen, wie sie über die Geschehnisse "richtig" berichten sollen. Journalisten, die der neuen Regierung gegenüber nicht loyal sind, werden von den Neonazi-Banden bedroht.

Im Südosten des Landes sind bewaffnete Kämpfer des Rechten Sektors und anderer Neonazi-Banden aufgetaucht. Sie sind bereit, die Macht dort auch gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit des Südostens mit Gewalt an sich zu reißen.

Auf der Krim kam es zu Provokationen. Nationalistische Krim-Tataren und islamische Radikale machen mobil. Einzelne russisch-nationalistische Organisationen bereiten den Anschluss der Region an Russland vor. Unbekannte haben das Parlament der Krim besetzt. Wir sind der Überzeugung, dass die Bevölkerungsmehrheit der Krim vernünftige Leute sind, die gegen die dazu in der Lage sind, gegen die faschistischen Eindringlinge Widerstand zu organisieren, sich auf Provokationen nicht einzulassen und die Halbinsel nicht in eine Zone ethnischer Konflikte umwandeln zu lassen.

Im Rahmen von Massenmobilisationen stellen die Aktivisten von "Borotba" und des Antifaschistischen Zentrums die folgenden Losungen auf:

Keine Verteidigung der defätistischen Regierung, sondern die Selbstorganisation des Volkes.

Keine ethnische oder sprachliche Kluft zulassen, sondern Betonung der Werte des Internationalismus und der Völkerfreundschaft.

Der Ausweg aus der Krise, die die Oligarchen und Bürokraten verschuldet haben, ist der Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft.

Nachdem wir zur Mobilisierung antifaschistischer Kräfte aufgerufen hatten, erhielten wir hunderte von Briefen mit Hilfsangeboten und Bekundungen der Kooperationsbereitschaft beim Kampf. Wir schaffen es nicht immer, sofort allen zu antworten und alle sofort in die Aktivitäten des Antifaschistischen Zentrums einzubinden. Aber wir melden uns unbedingt bei jedem Kontakt, um alle für die gemeinsame Sache zu gewinnnen.

Schon heute sind unsere Leute in verschiedenen Städten im ganzen Land mit der Taktik der Partisanenagitation beschäftigt: sie sprühen Graffitis und verteilen Flugblätter. Wir werden unbedingt allen Anfragenden Agitationsmaterial zukommen lassen.

Schließt euch dem Kampf an!

Englisch


Communiqué #4 of the “Borotba” union and Centre of Anti-fascist Resistance







The government of ultraliberals and Nazis

Our country will face soon a sharp economic crisis – the one that is close to full economic collapse, hyperinflation and mass impoverishment. Under such circumstances the ruling class will put a stake on paramilitary Nazi-units while appointing as a kind of necessary scape-goats ‘moskali’ (derogatory name for Russians) and ‘titushki’ (derogatory name for pro-government supporters). Thus, the ‘patriots’ will unleash a war against all of them. That’s why the anti-fascists struggle should be the primary task for today.

Recently the new government was presented in Ukraine. Its head, the prime-minister A. Yatzenuk has labelled it as “kamikaze government”. It will last only until elections planned on May 25th. It would just accept the predatory conditions of IMF loan and will immediately fall down as a victim of the following economic collapse. This is a good reason why the key figures of the liberal-nationalist opposition don’t enter this government. However, as we predicted, this “kamikaze” government is, nevertheless, under full control of the coalition of ultra-liberals and neo-Nazis. The positions of Vice-Premier and a minister were given out to the members “Svoboda” party - Sych and Mochnyk. Moreover, S. Kvit, an open nazi and former officer of nazi organization “Trizub of Stepan Bandera” has got the Ministry for Public Education. While being the head of Kyiv-Mohyla Academy he was righteously met with hatred by all progressive students. The position of a deputy head of the Council for National Security and Defense was offered to the leader of the ultranationalist ‘Right Sector’ A. Yarosh.

The regime of putschists has revealed its authoritarian and semi-fascist character. Some bills about banning of the Communists party activity were recently proposed in Parliament.

And most likely, such “banning” would be a legal cover for illegal activities of neonazi gangs aimed to murder communists and unleash pogroms. The “acting” President of Ukraine A. Turchynov convoked journalists and ordered them how to comment the current events ‘correctly’. The disloyal to the new power journalists receive threat from neonazi gangs.

Armed militants of the Right Sector and other Nazi gangs have rushed into south-eastern regions of Ukraine. They are going to violently seize power there, contrary to the will of the people’s majority.

Some provocations also take place in Crimea. We witness the mobilisation of Tartar nationalists and islamist radicals. At the same time some Russian-nationalist organizations prepare to declare Crimea joining with Russia. Some unknown persons have seized Crimean Parliament. We are convinced that most of the Crimeans are reasonable enough and can effectively organize resistance to the incoming fascists and at the same time will not buy into provocations and will not let to turn the Crimean peninsula into a zone of ethnic violence.

Thus, in the context of mass mobilization the activists of ‘Borotba’ union and Centre of Anti-fascist Resistance put forward the following slogans:

Not to defend the surrendered power but rather to build up people's self-organization.

Not to ignite ethnic and language conflicts but rather to defend values of internationalism and peoples’ friendship.

The only solution to the crisis created by oligarchs, officials and politicians is creating a socialist society.

After the announcement of anti-fascist mobilization we received hundreds of letters offering active participation and assistance. Our centre may not be able to respond everybody at once but we will contact everyone and try to involve everyone into our common case.

Today our comrades all over the Ukraine use tactics of underground ways of carrying on agitation: draw graffities, spread out leaflets, etc. We will certainly send everybody willing to help us everything what is necessary for carrying on agitation.

Join the Struggle!

Russisch:


КОММЮНИКЕ №4 Объединения «Боротьба» и центра антифашистского сопротивления





ПРАВИТЕЛЬСТВО УЛЬТРАЛИБЕРАЛОВ И НАЦИСТОВ

В ближайшее время нашу страну ждет острый экономический кризис, граничащий с полной экономической катастрофой, гиперинфляцией и массовым обнищанием населения. В этих условиях правящий класс поставит на парамилитарные отряды нацистов, а ответственными за кризис назначат «москалей» и вредителей-«титушек», с которыми и развернут борьбу «патриоты». Поэтому антифашистская борьба сегодня выходит на первый план.

Презентовано новое правительство. Это «правительство камикадзе», как его охарактеризовал сам новый премьер Яценюк. Оно просуществует не дольше, чем до выборов 25 мая, примет грабительские условия получения кредита МВФ и падет в качестве «козлов отпущения» за экономический коллапс. Именно поэтому ведущие деятели либерально-националистической оппозиции не вошли в его состав. Тем не менее, как мы и предсказывали, это правительство контролируется блоком ультралибералов и нацистов. Должности вице-премьера и министра получили представители ВО «Свобода» Сыч и Мохнык. Министром образования стал бывший сотник Тризуба им. Степана Бандеры, убежденный нацист, Квит, снискавший на посту ректора Киево-Могилянской Академии ненависть всех прогрессивных студентов. Пост заместителя председателя Совета национальной безопасности и обороны предложена лидеру ультранацистов из Правого Сектора Ярошу.

Власть путчистов проявляет свой авторитарный, полуфашистский характер. В Раду внесены проекты постановлений о запрете Компартии. Скорее всего эти запреты станут «законным» поводом для неонацистских банд к расправам и погромам. «Исполняющий обязанности» президента Турчинов собирал журналистов ведущих телеканалов и отдавал им указания как «правильно» комментировать события. Журналисты нелояльных к новой власти СМИ получают угрозы от неонацистских банд.

В юго-восточные регионы страны проникают вооруженные боевики Правого Сектора и других неонацистских банд. Они настроены на силовой захват власти, вопреки воле большинства населения Юго-Востока.

В Крыму начинаются провокации. Мобилизуются крымскотатарские националисты и исламские радикалы. Отдельные русско-националистические организации готовятся объявить о присоединении к России. Неизвестными захвачена Верховная Рада Крыма. Мы убеждены, что большинство крымчан здравомыслящие люди, которые сумеют организовать отпор заезжим фашистам, в тоже время не поддадутся на провокации и не превратят полуостров в зону этнического конфликта.

В рамках массовой мобилизации активисты «Боротьбы» и центра антифашистского сопротивления проводят следующие лозунги:

Не защищать капитулировавшую власть – а строить самоорганизацию народа

Не разжигать межнациональную и языковую рознь – а отстаивать ценности интернационализма и дружбу народов

Выход из кризиса созданного олигархами и чиновниками – построение социалистического общества.

После объявления мобилизации антифашистских сил мы получили сотни писем с предложением помощи и желанием присоединиться к борьбе. Наш штаб не всегда успевает немедленно ответить всем и включить всех в деятельность антифашистского центра. Но мы обязательно выйдем на контакт с каждым и включим в общее дело.

Уже сегодня наши сторонники в разных городах по всей Украине используют тактику партизанской агитации: наносят граффити, распространяют листовки. Мы обязательно вышлем всем желающим помогать агитационные материалы. Присоединяйтесь к борьбе!

"Weder Brüssel noch Moskau!" - Thesen zur Krise in der Ukraine von Stefan Bornost und Yaak Pabst

Am 28.02.2014 hat marx21 ein Thesenpapier zur Krise in der Ukraine mit dem Titel "Weder Brüssel noch Moskau!" veröffentlicht. Im Folgenden die sieben Thesen:

1. Die jetzt gebildete Übergangsregierung in der Ukraine wird die Krise nicht entschärfen. Ihr Programm von sozialen Angriffen wird sie in Widerspruch zur Bevölkerung bringen. 
2. Die Protestbewegung »Euromaidan« startete als eine Massenbewegung von unten. Der Protest hat tiefe soziale Wurzeln, nämlich die Ausplünderung des Staates durch die Oligarchen bei gleichzeitiger grassierender Armut. Artikuliert wurde dies auf dem Maidan allerdings kaum. 
3. Weder die Europäische Union noch Russland werden die sozialen Interessen der Bevölkerung in der Ukraine vertreten. Linke sollten die geostrategischen und imperialistischen Interessen der involvierten Staatenblöcke aufdecken anstatt sich mit der einen oder anderen Seite gemein zu machen.  
4. Der Bundesregierung geht es nicht um die Interessen der Menschen in der Ukraine, sondern für sie ist es ein Testlauf für eine neue Außenpolitik. Sie versucht, die Protestbewegung in parlamentarische Bahnen zu lenken und ihr genehme Kräfte an die Macht zu bringen. Linke sollten klar Stellung gegen diese Politik der Bundesregierung beziehen. 
5. Trotz der starken Präsenz der extremen Rechten ist die Protestbewegung »Euromaidan« keine faschistische Bewegung. Es ist wichtig, einen Unterschied zwischen der Bewegung und der an ihr beteiligten Organisationen und Parteien zu machen. 
6. Das Erstarken der Neonazis und der Aufstieg der Partei »Swoboda« in der Ukraine hat nicht nur mit der sozialen Krise zu tun, sondern ist auch ein Produkt der nationalistischen Propaganda von Seiten der Regierung, den Medien und den verschiedenen Oppositionsparteien auf der einen und der Schwächen der Linken auf der anderen Seite. 
7. Die radikale Linke in der Ukraine ist winzig, aber existent. Ihre Chance liegt in der Organisation entlang der sozialen Interessen der Bevölkerung - gegen die Oligarchen und ihre Frontparteien.

Erläuterungen zu den sieben Thesen auf: http://marx21.de/content/view/2073/32/