Montag, 26. Oktober 2015

Anmerkungen zur antifaschistischen Blockade von HogeSA in Köln am 25.10.2015

Am 25. Oktober 2015 hielten "einige Hundert" Faschisten im Namen von HogeSA eine Kundgebung in Köln ab. Ein Jahr zuvor waren es noch 4.500 rechte Hooligans, die nach ihrer Kundgebung die sympathische Stadt terrorisierten. 2015 ist ihnen das nicht erneut gelungen, denn zwischen 15.000 und 20.000 radikalisierte und gutbürgerliche Antifaschisten und Antifaschistinnen stellten sich ihnen dieses Mal in den Weg.

Während die entschlossene Antifa sowohl auf die Staatsgewalt als auch auf die Gewalt der Hools traf, sorgten die gutbürgerlichen Protestler vor dem Bahnhof Deutz für moralische Rückendeckung und gute Laune in sicherer Entfernung von jenen Blockadepunkten, die heiß umkämpft waren. Der Ottoplatz war voll von Menschen, jung und alt, aus allen Schichten. "Arsch huh", "Birlikte" und weitere Organisationen standen im Zentrum dieses eher symbolischen Protests. Dieser motivierte die radikaleren Protestierenden und entschlossen Blockierenden sicher. Aber die grobe Handarbeit im Kampf gegen die von BILD und KOPP aufgehetzten Glatzen mussten die Radikalen selbst erledigen. Musik und Kölsch sind schön und gut, aber das reicht nicht. Nur körperlicher Einsatz mutiger AntifaschistInnen kann den Faschismus hinwegfegen.

Die Blockade war vor allem erfolgreich, weil die Anzahl der aktiven und entschlossenen Teilnehmer an der Blockade im Vergleich zum Gegner groß genug war. Es gab alleine an radikalen Antifaschisten in der Summe mehr als Polizisten und Faschisten, die mit 3.500 und vielleicht 700 nicht einmal die Gesamtzahl an Hooligans vom Vorjahr erreichen konnten. Zwar hat die Polizei aus dem Desaster vom vorigen Jahr gelernt, eine faschistische Demo in der Innenstadt verboten, einzig eine Kundgebung am Barmerplatz auf der Rückseite des Deutzer Bahnhofs ermöglicht und ihren Unterdrückungsapparat mit etlichen Wasserwerfern und auf ca. 3.500 Beamte enorm aufgestockt. Aber sie spielte dennoch wie üblich eine fatale Rolle. Die Veranstalter der Protestkundgebung vor dem Deutzer Bahnhof sprachen zudem von bis zu 20.000 Teilnehmenden, womit die Antifa das Vierfache an Köpfen zählte gegenüber den Wirrköpfen von Staat und rechten Schlägerbanden. Vor allem jene AntifaschistInnen, die man zum sogenannten "Schwarzen Block" zählen könnte, sicherten den Erfolg der Blockade. Zum "Schwarzen Block" zählt man sie allein deswegen, weil sie sich schwarz kleiden, gemeinsam und geschlossen auftreten und an vorderster Front agieren. Auch dieses Mal haben sie die große Masse der Antifa gegen Hooligans und aggressive Polizisten verteidigt. Ihr Einsatz kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ohne sie wäre die Blockade gescheitert. Kaum auszudenken, was in so einem Fall mit den Kindern und Älteren auf der Kundgebung von "Arsch huh" passiert wäre.


Während der Blockade attackierten Nazis mehrfach einzelne Antifaschisten am Rande des Blockadepunktes an der Ecke Opladener Straße/Justinianstraße. Die Polizei schritt stark verzögert ein, um die Faschisten zu bremsen, kesselte dann aber die Antifa-Blockade relativ schnell ein. Die ersten Angriffe der Hooligans verliefen nur deswegen weitgehend glimpflich für die friedlichen Blockade-Teilnehmenden, weil sich mutige Freiwillige in Schwarz den gewalttätigen Matschbirnen in den Weg stellten. Die Polizeikessel im Anschluss kamen zu spät und dienten eher dem Schutz der Rechten. Dass es der Polizei nicht um den Schutz von Linken, Demokraten und Antifaschistinnen ging, zeigte die anschließende Eskalation, die vom Staat ausging. Auch mischten sich immer wieder rechte Wirrköpfe unter die Antifaschisten. Zur Rede gestellt, schubste einer von ihnen zum Beispiel einen Antifaschisten, sodass es zu einer Keilerei kam. Die Polizei schlug im Zuge dessen auf Jugendliche jeden Geschlechts wahllos ein, sprühte ihnen Reizgas in die Augen und traktierte sie im Anschluss sogar mit einem Wasserwerfer.


Was die Eskalation durch die Polizei angeht, ragt der Wasserwerfereinsatz hervor. Angeblich wurde er nicht "von oben" befohlen, sondern durch die zwei im Fahrzeug sitzenden Bart- und Glatzenträger autonom entschieden. So viel zu "autonomen Gewalttätern". Die tragen nämlich gerne Polizeiuniformen und schlagen ganz autonom auf Demokratinnen und Linke ein, da sie ja im seltensten Fall juristisch dafür belangt werden. Während n-tv wie erwartet lügt und die Eskalation durch die Polizei auf die Antifa schiebt, zeigt ein weitgehend ungeschnittenes und unkommentiertes Video von RT Deutsch, wie es tatsächlich abgelaufen ist. Das Video zeigt, dass die Behauptung von n-tv schlichtweg eine dreiste Lüge ist. Aus "Die Polizei setzte am Nachmittag einen Wasserwerfer ein, um Linksautonome zurückzudrängen, die Beamte mit Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen hatten. Offensichtlich wollten sie zur 'Hogesa'-Kundgebung vordringen", muss ein ganz anderer Satz werden, wenn er sich wahrheitsgemäß auf den Blockadepunkt Opladener Straße/Justinianstraße beziehen soll. Er müsste dann lauten: "Die Polizei setzte am Nachmittag einen Wasserwerfer ein, um Linksautonome zurückzudrängen, die Beamte mit einer einzigen Flasche und einem einzigen Feuerwerkskörper bewarfen, nachdem die Polizei mit Pfefferspray, Schlägen und Tritten gegen diese Linksautonomen vorgegangen war. Offensichtlich wollten sie der Polizei mit dem Flaschenwurf ihre Empörung gegen die polizeistaatliche Verachtung demokratischer Werte aufzeigen.


Jedenfalls agierte die Polizei mehrfach höchst aggressiv und nicht im Sinne einer demokratisch-freiheitlichen Grundordnung. Nicht nur ermöglichte sie es wie so oft den Faschisten, ihre menschenfeindlichen Parolen zu grölen, sondern sie attackierten auch Demokratinnen und Antifaschisten. Die Repression des Staates richtete sich gegen die Demokratie und gegen die Toleranz, für die die wunderbare Rheinmetropole weltweit bekannt ist. Die Medien wie n-tv, der Spiegel, Stern, faz und Zeit stellten die polizeistaatlichen Maßnahmen dagegen als völlig berechtigt dar und diffamierten die konsequentesten Demokraten, die dem Faschismus in Deutschland keine zweite Chance einräumen wollen. Die Falschbehauptung dieser Medien ist immer wieder: "Zwei der Angreifer wurden festgenommen. Auch setzte die Polizei Wasserwerfer gegen linke Demonstranten ein; sie hatten die Beamten mit Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen." Diverse Aufnahmen von der Blockade beweisen hingegen, dass diese Medien hier auf die Reihenfolge umkehren, die polizeiliche Eskalation der Antifa zuschieben, auf Vorurteile setzen und keine Ahnung von der tatsächlich stattgefundenen Dynamik vor Ort haben oder haben wollen.


An anderen Stellen, wie etwa am Kölner Hauptbahnhof oder am Hauptbahnhof in Bonn, kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Linken und Rechten. So "wurde der Sprecher der Bonner Linksjugend, Marco Ehrenholz, auf dem Rückweg von den Protesten gegen Hogesa in Köln, von einer Gruppe Neonazis, unter der Führung der bekannten Bonner Rechtsextremen, Melanie Dittmer, angegriffen. Sie gingen mit Stöcken, Flaschen, Tritten und Schlägen auf ihn los. Er musste sich anschließend in Behandlung begeben, der Arzt diagnostizierte heute früh Prellungen im Gesicht und eine Gehirnerschütterung", wie eine Pressemitteilung der Linksjugend erklärt. Zuvor war es am Hauptbahnhof in Köln zu Kämpfen gekommen, in deren Verlauf physisch überlegene, aber geistig zurückgebliebene Hooligans über Gleise fliehen mussten.

Hooligans auf der Flucht. Quelle: facebook, Autonome Antifa NRW.

Die sehr erfolgreiche Blockade in Köln lehrt wieder ein Mal:
  • Antifa ist Handarbeit
  • kein Fußbreit den Faschisten
  • Organisation und Agitation ist Gold wert
  • Polizisten schützen Faschisten
  • ein breites Bündnis aus allen Schichten und Spekten im Kampf gegen die rechte Barbarei ist auch für die radikale Linke und die autonome Antifa erstrebenswert
  • die staatlichen und privaten Medien dienen dem Staat, sei es eine faschistische Diktatur oder eine kapitalistische Demokratie
  • die Stärke einer Demokratie kann anhand der Organisation und Mobilisierungsfähigkeit von Faschisten und Antifaschisten auf der Straße gemessen werden


Vollständige Rede von Wladimir Putin vor dem Waldai-Club in deutscher Übersetzung


Mittwoch, 14. Oktober 2015

Enttäuschungen und ein kleiner Appell an die Linke

Viele Linke sind etwas unehrlich, um es mal nett auszudrücken. Radikalisierte Arbeiterkinder nervt das natürlich ebenso wie aufrichtige Menschen. Gut, auch Linke sind nur Menschen mit Fehlern. Aber die Fehler sammeln sich halt an, obwohl diese Linken theoretisch, geschichtlich, politisch gebildet sind und viel organisierter und fähiger als ich z.B., da ich im Grunde immer ein künstlerisch-musisches Kind von Arbeitern war, das sich aber aufgrund von Missständen immer mehr radikalisiert hat. Kunst ist keine Beschäftigung für mich, weil ich sie für relativ unwichtig halte. Ich wär aber ein besserer Zeichner oder Maler geworden als etwa ein Soziologe oder Aktivist. Leider kam es unendlich oft zu Enttäuschungen durch die Linken, die doch eigentlich immer meine Vorbilder waren, seit ich reflektieren kann. Es gibt ekelhafte Intrigen, Heuchelei, aristokratische Herrenmentalität, Cliquenmentalität, politisch bedingte Kinderkrankheiten, Pseudoradikalismus, Arbeitertümelei, Sexismusvorwürfe gegen Prolls seitens kleinbürgerlich-intellektueller Sexisten, bildungsbürgerlich verschleierten Rassismus, Karrierismus und andere soziale "Krankheiten", mit denen die Menschen im Kapitalismus sich halt so infizieren. Alles menschlich. Aber so viele Linke tun so, als seien sie immun gegen all das, erhaben über weltliche Laster, perfekte Wesen halt. So, als hätten sie nicht nur gute Kritik und Perspektive, was sie in der Tat haben. So, als hätten sie die verfickte Wahrheit gerade dadurch für sich gepachtet, dass sie die nicht perfekten, nicht einwandfrei links tickenden Menschen mit ihrer linken Kritik demütigen. Ich kann darüber Vorlesungen halten. Jedenfalls ist die Linke leider trotz aller Bemühungen so oft so abgehoben. Und das nicht mal, weil wir viel Theorie machen, sondern weil wir uns unbewusst oder bewusst spürbar über die nicht astreinen Leute erheben. Face it: You are not fuckin' Lenin. You are not Luxemburg. Wer nicht Lenin ist, der soll sich auch nicht wie der Führer der Weltrevolution aufspielen. Und nicht mal Lenin selbst hat sich so von den Massen abgehoben, wie es heute unzählige Minilinke aus Köln Lindenthal oder Berlin Kreuzberg mehr oder weniger unabsichtlich tun. Lenin hat akzeptiert, dass es keine Revolution ohne die vielen Vorurteile, reaktionären Fantastereien und die Unreife der breiten Volksmassen geben kann. Die verschwinden mit viel Glück erst nach der gelungenen Umwälzung, mit noch mehr Glück bereits während der Umwälzung.
Der Appell ist also: Liebe GenossInnen, seid mal weniger asi zu nicht-perfekten Menschen, die vielleicht sogar das böse Wort Asi benutzen und ohne die ihr letztlich ewig herumdümpeln werdet in eurem linken Sumpf.