Montag, 17. März 2014
Der Ukraine-Konflikt als Konflikt von Kapitalfraktionen
Die Ukraine ist zum geopolitischen Schlachtfeld geworden. Aber diese Schlacht umfasst viele Motive, Interessen und Ideen verschiedenster Kräfte.
Eine einseitige Reduktion auf ein oder zwei Aspekte wäre ein Fehler.
Die Ereignisse in der Ukraine auf einen Ost-West-Konflikt zwischen dem autoritären Osten und dem "demokratischen" Westen zu reduzieren wäre ebenso irreführend wie eine Reduktion auf Fragen des Profitinteresses, des Anschlusses an die EU oder des Nationalismus, auf reine Menschenrechts- und Völkerrechtsfragen. Der Konflikt ist vielschichtig.
Dennoch muss man diese Vielschichtigkeit der Verständlichkeit wegen zunächst vereinfacht darstellen, um ihn dann in seiner ganzen Komplexität rekonstruieren zu können. Anhand der ausbleibenden Rekonstruktion der komplexen Situation lassen sich ganz wunderbar die Interessen beteiligter Kräfte nachvollziehen. Die Ideologen der russischen, der offiziellen ukrainischen, der ukrainisch-putschistischen, der deutschen, der amerikanischen, der chinesischen Regierungen etc. lassen bestimmte Informationen und bestimmte Aspekte des Konflikts weg oder vernachlässigen sie, um die eigene Position zu stärken.
Eine gute proletarische Kritik an diesem geopolitischen Zetergeschrei muss im eigenen Interesse möglichst viele Aspekte erfassen und für den eigenen revolutionären und internationalistischen Standpunkt fruchtbar machen. Vor allem muss betont werden, dass es sich bei dem Konflikt um einen international ausgetragenen Klassenkampf handelt. Es geht im Konflikt um die Ukraine um die Interessen von Klassen und Klassenfraktionen.
Der Versuch westlicher Medien und neoliberaler Politiker von SPD, CDU/CSU, FDP und Grünen wie es im staatlichen und privaten Fernsehen der BRD zu sehen war, den Konflikt in der Ukraine auf einen demokratischen, liberalen und proeuropäischen Protest der ukrainischen Bevölkerung zu reduzieren, ist ein schöner Beweis für die Heuchelei dieser politischen Meinungsmacher. Es erinnert an die einseitige Darstellung der Opposition in Syrien oder in China durch die selben Meinungsträger.
Die Positionierung des russischen Präsidenten Putin und des ukrainischen Präsidenten Janukowitsch sind auch von geopolitischen Interessen und der Moral der Herrschenden bestimmt. Allerdings sind sie durchaus bemerkenswert, weil ihre Rhetorik die Rhetorik der westlichen Heuchler und sie selbst wunderbar entlarvt. Wenn Vertreter der Grünen und SPDler Russlands Politik anhand von Völkerrecht und Menschenrecht kritisieren, kritisieren Putin und Janukowitsch die selben Heuchler mit dem selben Recht. Die Grünen fordern immer mal wieder die Abspaltung Tibets von China unter dem Dalai Lama und unterstützen reaktionäre Bewegungen in Libyen, Syrien und der Ukraine gegen die etablierten Regimes. Wenn Russland Annexionsbestrebungen und der prorussischen Krim-Bevölkerung Separatismus vorgeworfen wird, dann sollten die Ideologen der "westlichen Wertegemeinschaft" daher endlich merken, dass sie im Glashaus mit Steinen schmeißen.
Sobald eine bestimmte Regierung bestimmten Kapitalfraktionen ein Dorn im Auge geworden ist und zu wenig Gegenwehr aufbieten kann, wird sie von den Ideologen dieser Kapitalfraktionen plötzlich mit aller Kraft delegitimiert, diffamiert und dämonisiert, damit die staatliche Gewalt dieser Fraktionen sie leichter destabilisieren oder destruieren kann. Das nennt man auch "Regime Change".
In der Ukraine kam es kürzlich zu solch einem Regime Change, indem die durch Wahl legitimierte Regierung von Janukowitsch erst ideologisch destabilisiert und dann faktisch abgesetzt wurde. An die Stelle der gewählten Regierung wurde eine Putschisten-Regierung installiert. In den deutschen Medien wurde die Putschisten-Bewegung vor dem Sturz der gewählten Regierung von Anfang an verherrlicht. Sobald Janukowitsch gestürzt war, anerkannten die westlichen Ideologen sofort die neue Putschisten-Regierung als legitime, gute, demokratische, liberale, liebenswerte Vertretung des ukrainischen Volkes. Der proeuropäische Kurs der rechten Putschisten ist der Hauptgrund dafür. Dass unter ihnen Marktradikale, neoliberale "Schläger" (Udaristen), Rechtspopulisten (Swoboda) und Faschisten (Teile des Rechten Sektors) sind, die nun in der Ukraine die Macht ergriffen haben, scheint den lupenreinen Vertretern der "westlichen Wertegemeinschaft" egal zu sein.
Es geht ihnen weniger um Demokratie als um Geopolitik. Die geopolitischen Interessen stehen im Kapitalismus ja fast immer über den Interessen des Demos (Volkes) und über den Ideen der Demokratie. Immerhin herrschen ja die Kapitalisten und nicht die Mehrheit des Volkes. Sonst wäre ja die Mehrheit des Volkes die Reichen und Mächtigen und nicht nur eine kleine Clique, welche sich die Arbeit der Mehrheit für pompösen Luxus und Kapitalakkumulation aneignet.
Das Referendum auf der Krim vom 16.03.2014, das Beobachtern zufolge ziemlich sauber verlief und ein Ergebnis von etwa 95% für einen Anschluss der Krim an die russische Föderation aufwies, war eine eindeutige Willensbekundung der überwältigenden Mehrheit der Krim-Bewohner. Und dennoch haben Ideologen des Westens angekündigt, diese direktdemokratische Abstimmung nicht anerkennen zu wollen. Der Grund ist die geopolitische Wirkung dieser Abstimmung. Denn Russlands Regierung und Präsident Putin und die ukrainisches Regierung samt des prorussischen Präsidenten Janukowitsch werden durch diese Abstimmung ideologisch, wirtschaftlich, politisch und militärisch gestärkt, während die Vertreter des neoliberalen EU-Kurses entlarvt werden. Denn ihre Ablehnung solcher demokratischer Prozesse beweist mal wieder, dass ihnen nicht die Interessen der Mehrheit am Herzen liegen, sondern wie auch der russischen und ukrainischen Regierung eher die geopolitischen Interessen ihrer Kapitalfraktionen.
Die Stärkung des "Ostens", d.h. der östlichen Staatskapitalismen, ihrer Oligarchen und Autokraten liegt nicht im Interesse der führenden Kapitalfraktionen des europäischen "Westens", deren großes geopolitisches Projekt, die neoliberale EU, ihre Interessen weitgehend widerspiegeln dürfte. Sie werden sich daher darum bemühen, die prorussischen Kräfte zu schwächen. Tatsächlich haben sie bereits Sanktionen gegen Russland angekündigt.
Man darf gespannt sein, wie weit sich dieser Konflikt verschärfen oder wie er sich wieder entschärfen wird. Denn die beteiligten Kapitalfraktionen sind nicht gerade die friedlichsten und kompromissbereitesten Gruppen dieser kapitalistischen Welt, die schon Weltkriege und große regionale Kriege aufgrund von staatlichen Interessen geführt hat...
Eine einseitige Reduktion auf ein oder zwei Aspekte wäre ein Fehler.
Die Ereignisse in der Ukraine auf einen Ost-West-Konflikt zwischen dem autoritären Osten und dem "demokratischen" Westen zu reduzieren wäre ebenso irreführend wie eine Reduktion auf Fragen des Profitinteresses, des Anschlusses an die EU oder des Nationalismus, auf reine Menschenrechts- und Völkerrechtsfragen. Der Konflikt ist vielschichtig.
Dennoch muss man diese Vielschichtigkeit der Verständlichkeit wegen zunächst vereinfacht darstellen, um ihn dann in seiner ganzen Komplexität rekonstruieren zu können. Anhand der ausbleibenden Rekonstruktion der komplexen Situation lassen sich ganz wunderbar die Interessen beteiligter Kräfte nachvollziehen. Die Ideologen der russischen, der offiziellen ukrainischen, der ukrainisch-putschistischen, der deutschen, der amerikanischen, der chinesischen Regierungen etc. lassen bestimmte Informationen und bestimmte Aspekte des Konflikts weg oder vernachlässigen sie, um die eigene Position zu stärken.
Eine gute proletarische Kritik an diesem geopolitischen Zetergeschrei muss im eigenen Interesse möglichst viele Aspekte erfassen und für den eigenen revolutionären und internationalistischen Standpunkt fruchtbar machen. Vor allem muss betont werden, dass es sich bei dem Konflikt um einen international ausgetragenen Klassenkampf handelt. Es geht im Konflikt um die Ukraine um die Interessen von Klassen und Klassenfraktionen.
Der Versuch westlicher Medien und neoliberaler Politiker von SPD, CDU/CSU, FDP und Grünen wie es im staatlichen und privaten Fernsehen der BRD zu sehen war, den Konflikt in der Ukraine auf einen demokratischen, liberalen und proeuropäischen Protest der ukrainischen Bevölkerung zu reduzieren, ist ein schöner Beweis für die Heuchelei dieser politischen Meinungsmacher. Es erinnert an die einseitige Darstellung der Opposition in Syrien oder in China durch die selben Meinungsträger.
Die Positionierung des russischen Präsidenten Putin und des ukrainischen Präsidenten Janukowitsch sind auch von geopolitischen Interessen und der Moral der Herrschenden bestimmt. Allerdings sind sie durchaus bemerkenswert, weil ihre Rhetorik die Rhetorik der westlichen Heuchler und sie selbst wunderbar entlarvt. Wenn Vertreter der Grünen und SPDler Russlands Politik anhand von Völkerrecht und Menschenrecht kritisieren, kritisieren Putin und Janukowitsch die selben Heuchler mit dem selben Recht. Die Grünen fordern immer mal wieder die Abspaltung Tibets von China unter dem Dalai Lama und unterstützen reaktionäre Bewegungen in Libyen, Syrien und der Ukraine gegen die etablierten Regimes. Wenn Russland Annexionsbestrebungen und der prorussischen Krim-Bevölkerung Separatismus vorgeworfen wird, dann sollten die Ideologen der "westlichen Wertegemeinschaft" daher endlich merken, dass sie im Glashaus mit Steinen schmeißen.
Sobald eine bestimmte Regierung bestimmten Kapitalfraktionen ein Dorn im Auge geworden ist und zu wenig Gegenwehr aufbieten kann, wird sie von den Ideologen dieser Kapitalfraktionen plötzlich mit aller Kraft delegitimiert, diffamiert und dämonisiert, damit die staatliche Gewalt dieser Fraktionen sie leichter destabilisieren oder destruieren kann. Das nennt man auch "Regime Change".
In der Ukraine kam es kürzlich zu solch einem Regime Change, indem die durch Wahl legitimierte Regierung von Janukowitsch erst ideologisch destabilisiert und dann faktisch abgesetzt wurde. An die Stelle der gewählten Regierung wurde eine Putschisten-Regierung installiert. In den deutschen Medien wurde die Putschisten-Bewegung vor dem Sturz der gewählten Regierung von Anfang an verherrlicht. Sobald Janukowitsch gestürzt war, anerkannten die westlichen Ideologen sofort die neue Putschisten-Regierung als legitime, gute, demokratische, liberale, liebenswerte Vertretung des ukrainischen Volkes. Der proeuropäische Kurs der rechten Putschisten ist der Hauptgrund dafür. Dass unter ihnen Marktradikale, neoliberale "Schläger" (Udaristen), Rechtspopulisten (Swoboda) und Faschisten (Teile des Rechten Sektors) sind, die nun in der Ukraine die Macht ergriffen haben, scheint den lupenreinen Vertretern der "westlichen Wertegemeinschaft" egal zu sein.
Es geht ihnen weniger um Demokratie als um Geopolitik. Die geopolitischen Interessen stehen im Kapitalismus ja fast immer über den Interessen des Demos (Volkes) und über den Ideen der Demokratie. Immerhin herrschen ja die Kapitalisten und nicht die Mehrheit des Volkes. Sonst wäre ja die Mehrheit des Volkes die Reichen und Mächtigen und nicht nur eine kleine Clique, welche sich die Arbeit der Mehrheit für pompösen Luxus und Kapitalakkumulation aneignet.
Das Referendum auf der Krim vom 16.03.2014, das Beobachtern zufolge ziemlich sauber verlief und ein Ergebnis von etwa 95% für einen Anschluss der Krim an die russische Föderation aufwies, war eine eindeutige Willensbekundung der überwältigenden Mehrheit der Krim-Bewohner. Und dennoch haben Ideologen des Westens angekündigt, diese direktdemokratische Abstimmung nicht anerkennen zu wollen. Der Grund ist die geopolitische Wirkung dieser Abstimmung. Denn Russlands Regierung und Präsident Putin und die ukrainisches Regierung samt des prorussischen Präsidenten Janukowitsch werden durch diese Abstimmung ideologisch, wirtschaftlich, politisch und militärisch gestärkt, während die Vertreter des neoliberalen EU-Kurses entlarvt werden. Denn ihre Ablehnung solcher demokratischer Prozesse beweist mal wieder, dass ihnen nicht die Interessen der Mehrheit am Herzen liegen, sondern wie auch der russischen und ukrainischen Regierung eher die geopolitischen Interessen ihrer Kapitalfraktionen.
Die Stärkung des "Ostens", d.h. der östlichen Staatskapitalismen, ihrer Oligarchen und Autokraten liegt nicht im Interesse der führenden Kapitalfraktionen des europäischen "Westens", deren großes geopolitisches Projekt, die neoliberale EU, ihre Interessen weitgehend widerspiegeln dürfte. Sie werden sich daher darum bemühen, die prorussischen Kräfte zu schwächen. Tatsächlich haben sie bereits Sanktionen gegen Russland angekündigt.
Man darf gespannt sein, wie weit sich dieser Konflikt verschärfen oder wie er sich wieder entschärfen wird. Denn die beteiligten Kapitalfraktionen sind nicht gerade die friedlichsten und kompromissbereitesten Gruppen dieser kapitalistischen Welt, die schon Weltkriege und große regionale Kriege aufgrund von staatlichen Interessen geführt hat...
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