Es ist ausgeschlossen, dass die Volksrepublik China unter kapitalistischen Bedingungen ihrem Autonomen Gebiet Xinjiang nationalstaatliche Unabhängigkeit gewährt. Die chinesischen Spitzenpolitiker werden, wenn sie den amerikanischen und europäischen Geopolitikern überlegen bleiben wollen, dergleichen nie und nimmer friedlich zulassen. Dafür ist Xinjiang für die klassenbewussten Kapitalisten der Welt geopolitisch zu bedeutsam.
Lamm, von rohkost.de |
Eine derartig dilettantische Politik, eine ungewollte Politik der Selbstzerstörung, können europäische oder amerikanische Politiker betreiben, nicht aber chinesische, die kulturell bedingt Großmeister des Subtilen und Unausgesprochenen sind. Zugleich sind der chinesischen Geopolitik um Xinjiang enge Grenzen gesetzt. Die Innenpolitik kann allenfalls die inneren Spannungen in Xinjiang durch kluge sozialpolitische und kulturpolitische Maßnahmen dämpfen. Außerdem kommen zu den weichen Methoden noch polizeistaatliche Maßnahmen in Betracht.
Tatsächlich wurden seit dem 11. September 2001, nach dem Massaker von 2009 und den Anschlägen von April und Mai 2014 die polizeistaatlichen Repressalien ausgeweitet. Polizisten werden vermehrt und gezielt für den Gegen-Terror ausgebildet. Racial Screening, d.h. gezielte Repressalien gegen uigurisch aussehende Menschen auf den Straßen, ist nur eine problematische Nebenwirkung. Das Misstrauen zwischen Han-Chinesen und Uiguren wird durch die Agitation gegen "Separatismus, Radikalismus und Terrorismus" und durch den rassistischen und anti-muslimischen "War on Terror" gewiss nicht verringert.
Nach außen hin kann China ebenfalls - man verzeihe den bildlichen Ausdruck - eine Politik aus Nudelsuppe und Drachenkralle zusammenbrauen. Den großen geopolitischen Rivalen und ihren Verbündeten wird daher klar gemacht, dass Xinjiang kein Sandkasten für alle ist. Die Ordnung Xinjiangs droht im Streit zwischen den Mächten auseinanderzufallen, zerrissen zu werden von der prekären Stellung innerhalb einer multipolaren Welt. Ein Auseinanderfallen der staatlichen Ordnung in Xinjiang würde aber ganz China destabilisieren und auch im Rest des Landes die Ordnung gefährden. Chinesen und vor allem die chinesischen Eliten lieben aber die Ordnung im Reich der Mitte. "Ordnung muss sein" ist das Mantra der Han-Chinesen ebenso wie das der Staatsführung Chinas.
Nach außen hin muss sich China zugleich bemühen, nicht zu viel Widerspruch zu provozieren. Entsprechend werden geopolitische Bündnisse angestrebt, um nicht aneinander zu geraten. Die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit ist das wichtigste Beispiel für solche Bündnispolitik, wobei das Zweckbündnis Chinas und Russlands alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Aber auch die zentralasiatischen Staaten sind von Bedeutung.
*Der Text wurde im Nachhinein stark gekürzt, da er futuristisch-mythologische Elemente enthielt, die für die meisten LeserInnen womöglich ganz unverständlich waren.
Der hässliche Leviathan, von http://fc03.deviantart.net |