Mittwoch, 9. April 2014

Gleichsetzungen und schiefe Vergleiche mit Hitler in der Bilderwelt des Internet

Das Internet ermöglicht es jedem Idioten, seine Gedanken auszubreiten. Wenn man bei Google nach "Hitler" und irgendeinem Politiker sucht, findet man eventuell einen grafisch dargestellten Vergleich oder sogar eine Gleichsetzung von Hitler oder Hitlerismus und dem jeweils gesuchten Feindbild. Wer wurde noch nicht mit Hitler gleichgesetzt? Obama, Mubarak, Merkel, Putin, Milosevic, Saddam, Gaddafi, Assad, Mao, Stalin und wie sie alle heißen wurden immer wieder mit Hitler verglichen oder gleichgesetzt. Das Internet macht es möglich und publik. 

Unten eine kleine Kompilation der grafischen Hitler-Vergleiche:
















Ein Mann...

Ein Mann sie zu knechten, ein Mann sie zu finden, ein Mann sie ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden. Er ist stark. Er ist cool. Er ist mutig. Er ist streng. Er ist autoritär. Er ist böse. Er ist sehr, sehr böse. Er ist verdammt böse. Er ist fast so etwas wie der Hitler von heute, wie zuvor schon Milosevic, Saddam, Ahmadinedschad, Merkel, Obama und so weiter. Er ist VLADIMIR PUTIN! Putin - ein Mann gegen die westliche Demokratie! Einige Anmerkungen zu diesem Phänomen.


Putin in den westlichen Medien


In der ZEIT vom 8.4.2014 liest man über Putin und seine dunklen Machenschaften:

"Wladimir Putin hat in Russland als Präsident eine erfolgreiche Pseudo-Demokratie errichtet. Die Mehrheit der Bevölkerung unterstützt ihn, da er das Land nach den chaotischen neunziger Jahren stabilisiert hat. Eine echte Opposition, eine starke Zivilgesellschaft, freie Medien und unabhängige Gerichte, die Bürgerrechte garantieren – all das existiert in Russland nicht oder nicht mehr. Wenn solche demokratischen Strukturen in der Ukraine entstehen und das Land einen wirtschaftlichen Aufschwung schafft, wäre das nicht im Interesse Putins. Direkt hinter der eigenen Grenze würde eine auch russischsprachige Nation zeigen, dass sich eine Revolution lohnt, dass der Kampf für mehr Bürgerrechte Erfolg haben kann. Dann könnten auch in Russland mehr Menschen auf die Idee kommen, ein Demonstrationsrecht zu haben."

Das mag alles zutreffen. Die ZEIT ist ja auch ein kluges Propaganda-Blatt. Aber was schreiben die anderen Propagandisten des deutschen Kapitals?

Die BILD-"Zeitung", die weder bildet noch eine Zeitung ist, titelt am 6.3.2014:

"Wie hart muss der Westen Putin bestrafen?"

Putin versus Westen. Aber der Westen kann Putin nicht bestrafen. 1:0 für Putin. Am selben Tag fragt das selbe Propaganda-Blatt:

"Hat der Westen wirklich keine Chance gegen Putin?"

Nein, der Westen hat keine Chance gegen Putin. 2:0 für Putin. Am 28.03.2014 fragt dann das rechte Drecksblatt, das noch immer nicht mehr als Anti-Aufklärung und Hetze betreibt: 

"Würde die Nato Krieg gegen Putin führen?"

Die Nato im Krieg gegen Putin? No Chance. 3:0 für Putin. Putin besiegt den Westen schon in den lächerlichen Schlagzeilen der Verdummungsmedien.

Focus online geht im Bedrohungsszenario durch Putin alleine im Kampf gegen den Westen sogar noch weiter und fragt: 

"Der Westen gegen Putin: Wie weit sind wir von einem Dritten Weltkrieg entfernt?"

Der Konflikt eines einzigen slawischen Mannes mit einem Kulturkreis, der dutzende der mächtigsten Staaten des Planeten einschließt, könnte demnach zum Dritten Weltkrieg führen. Putin scheint wirklich ein neuer Hitler zu sein, wenn man diese Schlagzeilen ernst nimmt. 4:0 für Putin. Aber der neue Saddam Hussein namens Putin, dieser Mann allein, steuert offenbar unaufhaltsam auf den Dritten Weltkrieg zu.

Die Wirtschaftswoche titelt daher auch:

"Putins Krieg gegen den Frieden"

"Krieg gegen den Frieden". Ja. Das klingt einleuchtend. Obwohl. Es gibt ja auch seit es erlogene Kriegsgründe gibt auch den Krieg für den Frieden. Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder und Ex-Außenminister Josef Fischer haben für den ersten Krieg Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg auch pazifistische und humanitäre Gründe angeführt. Der Krieg gegen Jugoslawien war demnach ein Krieg für den Frieden. Wenn es zum Krieg gegen Russland kommt, dann ist das in diesem Sinne bestimmt auch ein Krieg für den Frieden. Aber wenn Putin, dieser böse Einzelgänger, der sich nicht an die Spielregeln des Westens halten will, Stress macht, dann ist das natürlich sein persönlicher "Krieg gegen den Frieden". Es ist demnach auch keine Geopolitik russischer Politiker gegen deutsche Politiker. Deutsche Politiker machen ja keine Geopolitik. Sie machen ja nur Friede, Freude und Eierkuchen. Alles für den Frieden. Und Obama, Merkel und wie die ganzen westlichen Politiker alle heißen, sind auch dann noch "für den Frieden", wenn sie Kriege führen. Klar doch.

Jürgen Elsässer, der Mitbegründer der neokonservativen, nationalistischen Strömung der "Antideutschen" innerhalb der deutschen Linken, der heute friedenspolitische, gesellschaftskritische und konservativ-nationalistische Positionen vermengt, hat sich ebenfalls zum Thema geäußert. Er schreibt in seinem Blog ganz ähnlich wie die Mainstream-Medien so als gäbe es vor allem einen Konflikt zwischen Putin und dem Westen, aber mit umgekehrter Zielsetzung:

"Krieg gegen Putin – Wer stoppt die NATO?"

Auch das ZDF, das eigentlich qualitativ hochwertige und halbwegs neutrale Berichterstattung leisten sollte, damit die widerlichen GEZ-Gebühren legitimiert werden können, schreibt im selben personalisierten Duktus:

"Putins Alleingang 
Droht jetzt Krieg in Europa?"

Man könnte noch tausende solcher Beispiel der Personalisierung und Verteufelung russischer Politik und der Entpersonalisierung und Verherrlichung deutscher Politik aufzeigen. Aber das sei der LeserInnenschaft überlassen. Kommen wir zur Erklärung dieses Phänomens.


Die dämonisierende Personalisierung herrschender Bürokratien


Die Personalisierung und Verteufelung eines Konkurrenten ist eine übliche und üble Methode der Politik. Sie wird immer gerne dann angewandt, wenn mit lauteren Mitteln kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist. Das ist in der Politik häufig der Fall. Personalisierung und Verteufelung eines Konkurrenten geht immer einher mit der Entpersonalisierung und Verherrlichung einer Gemeinschaft. 

Als es zum Ersten Weltkrieg kam, rief Kaiser Wilhelm II. einen "Burgfrieden" aus, indem er seinen Untertanen, den Deutschen, zurief:

"Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche! Zum Zeichen dessen, dass Sie fest entschlossen sind, ohne Parteiunterschied, ohne Stammesunterschied, ohne Konfessionsunterschied durchzuhalten mit mir durch dick und dünn, durch Not und Tod zu gehen, fordere ich die Vorstände der Parteien auf, vorzutreten und mir das in die Hand zu geloben."

Natürlich hatte der Kaiser nicht im Sinn, dass alle Deutschen sozial, ökonomisch und politisch gleich gestellt werden sollten. Dann hätte er ja ein radikaler Demokrat oder Kommunist sein müssen. Nein, er war überzeugter Antidemokrat, Antikommunist und Vertreter der kleinen herrschenden Minderheit, die die große Masse der Menschen unterdrückt und ausbeutet. Seine Burgfriedenspolitik diente einfach nur der vorübergehenden Stilllegung der inneren Konflikte Deutschlands, um den äußeren Konflikt Deutschlands mit anderen Staaten gewinnen zu können. Die Sozialdemokraten der SPD machten dummerweise mit und sind damit verantwortlich am Ersten Weltkrieg. Die SPD-Führung verriet im Ersten Weltkrieg aller ihre angeblichen Ideale und schlug sich auf die Seite der Nationalisten, Imperialisten, Chauvinisten und Kriegstreiber. Wilhelm konnte sich ins Fäustchen lachen bis er von der proletarischen Revolution 1918, d.h. von rebellierenden Matrosen, Soldaten und Arbeitern, gestürzt wurde, womit auch der Krieg endete.

Die Burgfriedenspolitik kann aber auch umgekehrt dazu dienen, von inneren Problemen abzulenken, indem ein äußerer Feind konstruiert wird. Personalisierung ist dabei deswegen besonders vorteilhaft und sinnvoll, weil sie äußerst einfach und zugleich äußerst praktisch ist.

Denn eine pauschale Verteufelung aller Russen und der ganzen russischen Nation würde einen Kompromiss mit Russland schwer machen. Russen können wie andere Menschen auch sehr beleidigt werden, wenn sie pauschal verteufelt werden. Kooperation fällt dann künftig schwer. Daher ist es einfacher, wenn man die große Masse des russischen Volkes ideologisch abtrennt von einzelnen Persönlichkeiten Russlands.

Wenn also Putin stehts als der einzige böse Russe erscheint, dann liegt das nicht daran, dass unsere Verdummungsmedien und ihre Ideologen dumm sind. Die Redakteure der ZEIT, der BILD, des ZDF und Jürgen Elsässer wissen ganz genau, dass unter Präsident Putin eine gewaltige Bürokratie von Abertausenden oder Millionen Menschen steht, die ihn stützt. Diese Menschen profitieren zum Teil von Putins Auftreten und "seiner" Politik. Putins Politik ist damit gar nicht "Putins" Politik, sondern die Politik einer gewaltigen staatlichen Bürokratie. "Putins Politik" ist im Grunde die gegenwärtige Politik der herrschenden Klassen des russischen Staatskapitalismus und seiner Bürokraten.

Die kapitalistische Strategie westlicher Politiker kann aber nicht darauf hinauslaufen, den russischen Kapitalismus und die ganze russische Bürokratie zu zerschlagen. Bei 140 Millionen Russen ist das ein hoffnungsloses Unterfangen. Daher wird auch weniger gegen die ganze Bevölkerung Russlands geschossen. Daher wird personalisiert und die personalisierten Feindbilder werden verteufelt. Dass ermöglicht den anderen Vertretern der russischen staatskapitalistischen Bürokratie einen Kompromiss mit ihren westlichen Konkurrenten, den westlichen Kapitalisten und Spitzenpolitikern.

Sobald Putin auch für die russischen Oligarchen zur Persona non Grata, zur Unperson wird, kann er wie jeder andere Politiker auch abgesegt und ersetzt werden. Die Personalisierung und Verteufelung Putins ist ein ideales Werkzeug, um solch einen Austausch vorzubereiten. Solange Putin aber den herrschenden Klassen Russlands noch nützlich ist, sitzt er natürlich relativ fest auf seinem Zarenthron.

Im Grunde ist der Medienrummel um Putin und andere dämonisierte Persönlichkeiten der Weltgeschichte die altbekannte Methode von "teilen und herrschen". "Teilen und herrschen" teilt starke Gemeinschaften in schwächere Gruppen, damit Herrschaft gegenüber diesen Gruppen aufrecht erhalten werden kann. Genau das geschieht gerade bei der ideologischen Offensive gegen Putin.

Das selbe geschah aber auch schon mit anderen Personen des öffentlichen Lebens, die teils wirklich schlimme Gestalten darstellen und teils coole Persönlichkeiten der Geschichte sind. Nelson Mandela, der nach seinem Tod von den westlichen Medien gefeiert wurde, war zuvor von den selben Medien als Terrorist diffamiert worden. Als Saddam im Irak, Gaddafi in Libyen, Mubarak in Ägypten, Assad in Syrien und Erdogan in der Türkei und ihre Politik in den Medien kaum noch zu verschweigen oder zu verherrlichen waren, wurden sie ebenso zu "personae non grati" (oder wie auch immer der Plural von oersona non grata heißt).

Es werden einzelne Politiker verteufelt, damit die Bürokratie unter ihnen vor dem Volkszorn gerettet werden kann. Aber jede Herrschaft hat viele Herrschende. Das sollte Mensch sich merken, wenn wieder eine berühmte Person als einzelner Übeltäter geschasst und gehasst wird.