Dienstag, 31. Dezember 2013

2014 - 10*n = x


2014 - 10*1 = Hartz III ab 1. Januar 2004


Die rot-grüne Regierung von SPD und Bündnis90/Die Grünen hat vor 10 Jahren mit dem Hartz III-Gesetz einen Umbau der Bundesanstalt für Arbeit (Arbeitsamt) in die Bundesagentur für Arbeit (Agentur für Arbeit) beschlossen.

Damit wurde das Konzept des Neoliberalen Peter Hartz weitergeführt. Ein ohnehin schon ineffizientes System der Lohnbeschaffung für die Lohnarbeiter wurde so noch viel ineffizienter gemacht. Aus staatlicher Arbeitsbeschaffung wurde ein kommerzielles Unternehmen, um Arbeiter billiger zu verkaufen. Gerade in ihrem schwächsten Moment, wenn sie arbeitslos sind, sollten sie nunmehr wie billige Waren weit unter ihrem ökonomischen Wert verscherbelt werden.

Seither haben sich Ein-Euro-Jobber ebenso rapide vermehrt wie Flaschensammler - beides Phänomene, die es vor 10 Jahren noch nicht gab. Die Mittelschichten ekeln sich vor diesem zugleich bemitleideten "Abschaum", während die Oberschichten gar nicht in Berührung kommen mit ihm, aber dennoch gegen ihn hetzen als wäre er wirklich Abschaum, der im Boden versinken soll. 

Guido Westerwelle, dieser bekannteste Repräsentant der "freidemokratischen" Asozialisten von der FDP, hat mit seinem Gefasel von "spätrömischer Dekadenz" der Arbeitslosen ebenso Volksverhetzung betrieben wie der Ultrarassist Sarrazin in der SPD oder der Altpräsident Köhler, der meinte, wir alle würden über unsere Verhältnisse leben. Alle drei Eigentumsbesitzer und ihre Gesinnungs"genossen" verdienen eine proletarische Antwort: Enteignung. Das deutsche GG würde es nicht ausschließen.

2014 - 10*2 = Südafrikanische Verfassung


Vor 20 Jahren trat die neue südafrikanische Verfassung in Kraft. Nachdem der über Jahrzehnte hinweg ultrarassistische Staat Südafrika demokratisiert worden war, schrieb die neue Verfassung eine Gleichheit von Schwarzen und Weißen vor. 

Bis dahin lebte die schwarze Mehrheit des Staates abgeschottet von den weißen Herren, die sich für eine Herrenrasse hielten, und waren auch sonst ziemlich rechtlos. Große Persönlichkeiten wie Gandhi und der 2013 verstorbene Mandela hatten gegen diesen staatlichen Rassismus, Kolonialismus und Imperialismus in Südafrika gekämpft. Aber nicht nur dort. Sie traten für die Befreiung aller Menschen ein. Die Menschheit wird sie immer verehren, gerade weil sie auch nur Menschen waren. 

Ihr Kampf ist aber solange noch nicht zu Ende geführt wie uns imperialistische Regime wie die USA, aufsteigende Regime wie die EU, frauenverachtende Regime wie das saudiarabische und kolonialistische Regime wie Israel terrorisieren. Zusammengenommen hindern solche Regime (im Grunde alle Staatsmächte) die Menschheit daran, frei zu werden. Lenin schrieb einmal passend: 

"Solange es einen Staat gibt, gibt es keine Freiheit. Wenn es Freiheit geben wird, wird es keinen Staat geben."



2014 - 10*3 = Terminator 1!


1984 kam der ultrageniale Sci-Fi-Streifen Terminator heraus. Sollte sich jeder Mensch ansehen!





2014 - 10*4 = Diplomatische Anerkennung des "Unrechtstaats" DDR


Auf wikipedia findet man folgenden Eintrag zum Jahr 1974:

"Die internationale Anerkennung der DDR kam 1974 zu einem vorläufigen Abschluss. So wurden am 2. Mai die Ständigen Vertretungen der beiden deutschen Staaten in den Hauptstädten eingerichtet. Am 4. September nahmen die DDR und die USAdiplomatische Beziehungen auf. Zwischen den beiden deutschen Staaten kam es zu einer Reihe bilateraler Vereinbarungen, beispielsweise über den Grenzverlauf in der Lübecker Bucht, über den Mülltransport aus West-Berlin und die Fortführung der Swing-Regelung im innerdeutschen Handel."

Die böse DDR wurde damals also international, auch von der BRD und den USA, anerkannt. Heute wird sie ständig als "Unrechtsstaat", "Zweite Diktatur", "Sozialismus" etc. bezeichnet. Alles das geschieht, um bestimmte herrschende Ideen zu betonieren.

Wenn die DDR ein Unrechtsstaat war, dann ist die BRD vermutlich ein Rechtsstaat, nicht wahr? Dass es in der BRD seit jeher Menschenrechtsverletzungen gibt, dass von deutschem Boden, von der BRD, wieder Krieg ausgeht und dass der Kapitalismus der BRD an sich schon ein Unrecht ist - das soll man vergessen. Hauptsache, man kritisiert diesen Staat nicht zu sehr und schätzt die Almosen, die die Crème de la Crème uns, dem Abschaum, hinschmeißt.

Wenn es eine "zweite Diktatur" gibt, muss es eine "erste Diktatur" geben. Wenn die DDR die zweite ist und die BRD komischer Weise nicht die erste, obwohl sie auch eine Klassendiktatur, eine Herrschaft der Kapitalisten und Bürokraten ist - dann muss die erste Diktatur das Hitler-Regime gewesen sein. Keiner bezweifelt, dass der NS-Faschismus eine Diktatur war. Und keiner soll bezweifeln, dass die DDR eine ebenso böse Diktatur war. Auf keinen Fall soll man aber wissen, dass die BRD ebenfalls eine Diktatur ist, wenn auch eine demokratische Diktatur. Man gehe einfach mal zur Anti-Nazi-Blockade am 18. Januar 2014 in Magdeburg und wird schon sehen, wie "demokratisch" unsere Polizei einen behandelt. Oder man demonstriere 2014 bei Blockupy gegen die Macht der Banken und Konzerne mit. Wer sich vorbereiten will, kann ja am...


Sonntag, 26. Januar 20134 11.30 ‐ 17.30 UhrDGB‐Haus, Wilhelm‐Leuschner‐Str. 69‐77, Frankfurt

...beim Vorbereitungstreffen vorbeischauen und die Leute dort fragen, für wie demokratisch sie die Schlagstöcke, das Pfefferspray, die Fäuste und Wasserwerfer rechts gesinnter und vermummter Schlägerchaoten halten, die sich als "Freund und Helfer" tarnen...

Ach und wenn die DDR tatsächlich sozialistisch war und Rudi Dutschke Unrecht hatte als er sagte, im realen Sozialismus sei alles real außer der Sozialismus, dann ist der Sozialismus ja ein Unrechtsstaat, der genauso terroristisch und rassistisch ist wie Hitlers antisemitisches Regime, das den 2. Weltkrieg und den Holocaust verbrochen hatte. Ja, so kann man mit drei Begriffen ein ganzes Weltbild kreieren und in die Köpfe der Leute einpflanzen. Armes Deutschland.

2014 - 10*5 = Rassismus in Südafrika und in den USA


Was sagt wikipedia zu 1964?

"Nelson Mandela, Führer des African National Congress, wird zusammen mit sieben Mitangeklagten wegen Subversion und Sabotage zu lebenslänglicher Haft verurteilt"

Das ist der Rassismus in Südafrika gewesen, aber was ist mit den USA?

"In Washington unterzeichnet US-Präsident Lyndon B. Johnson das Bürgerrechtsgesetz zur Aufhebung der Rassentrennung. Dieses, nach Beendigung der Sklaverei im Jahr 1863, wichtigste Dokument zur Gleichstellung der Schwarzen, wurde von John F. Kennedy vorgeschlagen und von Johnson auf den Weg gebracht und erst nach monatelangem Ringen im Senat ratifiziert"

2014 - 10*6 = Antikommunismus in den USA und auf Taiwan


Chiang Kai-shek wird Präsident von Taiwan, nachdem er ab 1927 immer wieder unvorstellbare Massaker an Demokraten, Liberalen, Kommunisten, Feministen, Arbeitern und Bauern angerichtet hatte, nachdem er in den 30ern eine faschistische Bewegung in China aufgebaut hatte und den "totalen Krieg" gegen Japan (und die Kommunisten in China) ausgerufen hatte und mit Hilfe der ach so demokratischen USA massiv unterstützt worden war wie so viele faschistoide Diktatoren und Terroristen.


Und in den USA, was ging da so? Da ging ebenfalls der Antikommunismus ab:

"US-Präsident Dwight D. Eisenhower unterschreibt den Communist Control Act of 1954, ein Gesetz, das die Mitgliedschaft in und die Unterstützung der Kommunistischen Partei der USA kriminalisiert."

Man schaffte damit im Gründe die Bürgerrechte ab und verfolgte alle, die die US-Regierung etwas zu scharf kritisiert hatten oder mit sozialen Anliegen sympathisierte. Schöne neue Welt.

2014 - 10*7 = Scheißnazis, ihr seid brauner Abschaum


wikipedia kann uns viel lehren, zum Beispiel über jüdischen Widerstand in faschistischen Konzentrationslagern: 

"Im KZ Auschwitz-Birkenau findet ein Aufstand des jüdischen Sonderkommandos (die Häftlinge, die die Gaskammern und Krematorien bedienen mussten) statt. Weibliche Gefangene hatten Sprengstoff von einer Waffenfabrik eingeschmuggelt und das Krematorium IV wurde damit teilweise zerstört."

"Aufstand der Sinti und Roma im KZ-Auschwitz-Birkenau gegen die geplante Massen-Vergasung; die SS muss die angelaufene Liquidierung des so genannten Zigeuner-Lagers bis zum Juli 1944 abbrechen."

Auch während des Nazi-Regimes gab es immer Widerstand. Zunächst wurden zwar die Kommunisten und ihre Organisationen eliminiert, dann die radikalen Demokraten, die zu mächtig gewordene SA, die Sozialdemokratie und dann gezielt Menschengruppen, die als biologische Volksfeinde galten: Juden, Sinti, Roma, Behinderte, Homosexuelle. Der Holocaust, der 2. Weltkrieg und die ganze Nazi-Diktatur wären aber vermeidbar gewesen. Die Arbeiterbewegung hätte sich geschlossen gegen Hitler und seine Schergen richten müssen. Hitler hatte nachweislich furchtbare Angst vor der Arbeiterbewegung, die im Anschluss an die russische Oktoberrevolution mit der Novemberrevolution von 1918 den 1. Weltkrieg beendet und eine radikale Demokratie aufgebaut hatte. Sogar Hitlers "totale" Macht war ein Furz im Wind dieser Arbeitermacht. Das wussten auch die Nazi-Führer. Allerdings war die Arbeiterbewegung gespalten und kränkelte an Sozialdemokratie und Stalinismus. Deswegen wurden die Verbrechen der Nazis nicht verhindert.


2014 - 10*8 = Hitler wird zum "Führer"


1934 eliminiert Hitler seine Widersacher innerhalb der SA, lässt seinen Rivalen Röhm und seine Leute töten, und wird nach dem Tod des Reichspräsidenten Hindenburg zugleich neuer Reichspräsident und Reichskanzler. Beide Ämter werden zusammengelegt in der Person des "Führers".


2014 - 10*9 = Der Tod Lenins und des Sozialismus in der UdSSR


Anders als die DDR war die UdSSR tatsächlich sozialistisch. Aber nur bis zum Ende der 20er Jahre. Lenin war 1924 gestorben, womit die größte Hürde für Stalins Regime gefallen war. Danach musste er nur noch die linke Opposition um Trotzki ausschalten. Das gelang ihm gut, obwohl er eine katastrophale Politik betrieben hatte. In China sorgte er dafür, dass seine chinesischen Genossen vom Protofaschisten Chiang Kai-shek 1927 abgeschlachtet wurden. Dafür wurde aber nicht Stalin, sondern Trotzki bestraft. Logik?? Mag sein, dass die Russen damals mehr Wodka tranken. Vielleicht haben sie aber auch Juden nicht gemocht. Der Antisemitismus war ja Standard in Russland. Außer in der revolutionären, kommunistischen Sozialdemokratie. Da tummelten sich viele jüdischstämmige Sozialisten wie Trotzki. Stalin jedenfalls machte seine Freunde in China und seine Gegner in Russland platt. Schon 1928 hat Stalin seine bürokratische Diktatur aufgebaut und damit die sozialistische Demokratie der Sowjetunion völlig ersetzt. 

Lenin


2014 - 10*10 = 

unvergesslicher Verrat der Sozialdemokratie an der gesamten Menschheit und allen Idealen der Menschlichkeit - siehe "Rätekommunismus und Sozialdemokratie


Novemberrevolution

Montag, 30. Dezember 2013

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"Any fool can criticize, condemn and complain" (Serie: DB = €#$, Teil 3)




Gewusst, warum. Karikatur aus Cicero.

"Verspätungen, Zugausfälle, Ticketprobleme – noch nie haben sich Reisende so häufig über die Deutsche Bahn beklagt wie 2013. Der Konzern verweist auf äußere Umstände."

Sag bloß!? Jemand beschwert sich über die DB??? Wie kommt das denn? Wer mehr wissen will, lese den vernichtenden Artikel in der ZEIT:
http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-12/bahn-beschwerden-2013.

Schon Ben Franklin wusste:

"Any fool can criticize, condemn and complain". 

Dieses Jahr hat die DB erfahren müssen, dass ihre Fahr- und Sitzgäste, die von der DB zum Narren gehalten werden, diese Wahrheit ernst nehmen. Sie haben kritisiert, verdammt und sich beschwert, weil sie sich genarrt fühlten. Aber wird das viel ändern? Wohl kaum. Die DB muss zunächst demokratisiert und dann als Demokratische Bahn massiv unterstützt werden. Solange das nicht geschehen ist, sollten sich die empörten Kunden nicht wundern über weitere Probleme mit der DummBahn und auf Kant hören:

"If man makes himself a worm he must not complain when he is trodden on."

Und für die DB habe ich 5 Tipps, wie sie mit den Hatern weiterhin umgehen kann:
http://www.wikihow.com/Deal-With-People-Who-Always-Complain.


Sonntag, 29. Dezember 2013

Disarstar - Herzstillstand






Lyrics to Herzstillstand



[Part 1]
Ich hab gehofft, dass es besser wird, doch es wird immer schlimmer /
Und es verfolgt mich wie ein Schatten seit dem Kinderzimmer /
Wenn ich sag, ich komm nicht klar, mein ich es mehr denn je /
Ich fühl mich krank, doch kein Arzt kann mir die Schmerzen nehm /
Es ist dunkel, doch die Sterne fehln - Herzproblem /
Selbst die engsten Menschen können mich nicht mehr verstehn /
Ich kann kein Glück, sondern nur Leere sehn /
Ich fühl mich als würd ich grad barfuß über Scherben gehn /
Es tut weh / dass mit anzusehn, wie ich mich selbst verlier /
Ich bin andauernd besoffen, weil ich das Gefühl habe, ich trage die gesamten Ängste, dieser Welt in mir /
Flüchte mich in Aggressivität und versteck mich hier /
Bitte gib mir etwas Licht, weise mir den Weg /
Ich würd gerne wieder leben, aber weiß nicht wie es geht /
Geh alleine diesen Weg, fühl mich einsam und vergessen /
Ich glaub, keiner kann mich retten /

[Hook]
Wenn ich Flügel hätte, wär ich weg /
Dieses Leben ist ein Härtetest /
Alkohol reanimiert, Diagnose: schwerverletzt /
Herzstillstand, Schmerz und Angst, das ist Leben auf dem Sterbebett /
Hätte ich Flügel, wär ich weg /
Dieses Leben ist ein Härtetest /
Alkohol reanimiert, Diagnose: schwerverletzt /
Herzstillstand, Schmerz und Angst, das ist Leben auf dem Sterbebett /

[Part 2]
Dieses Leben ist ein Minenfeld/ ich bin Menschenfeind
Erkenn mich nicht im Spiegelbild / weil trinken mich zufriedenstellt / verlier mich selbst /
Sag mir nicht, du kennst mich, nein /
Denn dein Verständnis ist beängstigend und engt mich ein /
Suche Menschlichkeit / ich bin keiner, der seinen Traum verwirklicht /
Einer, der beim Anblick deiner fühlt, als wär er außerirdisch /
Nostalgie, Sehnsucht nach Vergangenem /
Verrannt in nem Labyrinth, das sich Trauer nennt
Mit tausenden Gefangengen / Ich bin nicht wie ihr /
Paar Milliarden, die nicht merken, dass sie ihr Gesicht verliern /
Irgendwas zerbricht in mir / Tag für Tag mehr Risse /
Ich will keine Worte der Sympathie, ich will ehrliche /
Zwischen Auflehnung und Untergang im Geist /
Ein von Unbefangenheit / die ich vermisse /
Wir sind Sterbliche / und wir suchen die Unendlichkeit /
Selbst Liebe ist vergänglich, wann sind wir endlich frei? /

[Hook]
Wenn ich Flügel hätte, wär ich weg /
Dieses Leben ist ein Härtetest /
Alkohol reanimiert, Diagnose: schwerverletzt /
Herzstillstand, Schmerz und Angst, das ist Leben auf dem Sterbebett /
Hätte ich Flügel, wär ich weg /
Dieses Leben ist ein Härtetest /
Alkohol reanimiert, Diagnose: schwerverletzt /
Herzstillstand, Schmerz und Angst, das ist Leben auf dem Sterbebett /

[Part 3]
Reden ist einfach, Taten folgen lassen schwer /
Dass dein Lächeln nicht mehr mir gilt, ist wien Dolch in meinem Herz /
Ich bin heute nichts mehr wert /
Ich bin nicht komplett ohne dich, das verleugne ich nicht mehr /
Nein, in Anbetracht der Tatsachen wirken all die Träume wie ein Scherz /
Diese Schlampen können mir niemals geben, was du mir gabst, doch betäuben meinen Schmerz /
Ich bin nicht mehr ich, nein, hier läuft etwas verkehrt /
Bitte weck mich auf, die Wahrheit sieht so hässlich aus /
Ich glaube, dass ich grad zur Hölle geh durchs Treppenhaus /
Du bist die erste und die letzte Frau / die mein Herz berührt hat, ein letzter roter Fleck im Grau /

[Hook]
Wenn ich Flügel hätte, wär ich weg /
Dieses Leben ist ein Härtetest /
Alkohol reanimiert, Diagnose: schwerverletzt /
Herzstillstand, Schmerz und Angst, das ist Leben auf dem Sterbebett /
Hätte ich Flügel, wär ich weg /
Dieses Leben ist ein Härtetest /
Alkohol reanimiert, Diagnose: schwerverletzt /
Herzstillstand, Schmerz und Angst, das ist Leben auf dem Sterbebett

Eine zugängliche Einführung in „Die revolutionären Ideen von Karl Marx“

„Mit diesem Buch möchte ich eine Lücke in der Literatur über Marx schließen und eine zugängliche, moderne Einführung in sein Leben und seine Gedanken unterbreiten, geschrieben von jemandem, der seine grundlegenden Ansichten über Geschichte, Gesellschaft und Revolution teilt“, 

so Alex Callinicos, der Autor des Buches Die revolutionären Ideen von Karl Marx. Callinicos ist Professor für European Studies am King’s College in London und weiß, wovon er schreibt. Das Buch sieht tatsächlich nicht nur modern aus, es bietet auch auf insgesamt 277 Seiten dem Leser von heute einen zugänglichen Einstieg in die Ideen des Revolutionärs. Der Autor schafft bei Einsteigern schnell Klarheit über Marx und den Marxismus und räumt häufige Vorurteile und Missverständnisse aus. Die acht Kapitel sind thematisch gut geordnet und führen jeweils in einen Bereich der Marxschen Betätigung ein. Literaturtipps zum Weiterlesen runden die Einführung ab.

So wird dem Leben des Revolutionärs das erste Kapitel gewidmet. Die Darstellung der Verbindung von humorvollem Geist und ernsthaftem Engagement macht Marx menschlich sympathisch. Marx wird weiterhin als Mensch mit Fehlern, aber auch als Schule machender Vordenker der Revolution porträtiert. Trotz finanzieller Probleme schaffte er es, sich über Jahrzehnte mit den verschiedensten sozialen Problemen zu befassen und sie oft auch theoretisch zu bewältigen, um ihre praktische Bewältigung zu fördern.

Das zweite Kapitel behandelt die verschiedenen Ideen des Sozialismus vor Marx und die politischen Bewegungen, die hinter diesen Ideen standen. Hier wird klar, dass der Sozialismus aus der bürgerlichen Aufklärungsphilosophie, also aus der aufklärerischen Hoffnung auf eine wirklich humane Gesellschaft einerseits und der Kritik am Kapitalismus andererseits hervorging. Die Sozialisten übernahmen die Hoffnung der Aufklärungsphilosophie, aber kritisierten ihre Idealisierung der kapitalistischen Gesellschaft. Doch der Sozialismus blieb bis dahin immer nur eine unerreichbare Utopie, ein utopischer Sozialismus.

Kapitel drei und vier zeigen, wie Marx die wirklichkeitsfremde Philosophie und den utopischen Sozialismus kritisierte und statt dessen eine Philosophie der Praxis entwickelte, deren Ziel es sein sollte, die Welt nicht nur zu interpretieren, sondern wirklich zu verändern. Diese praktische Philosophie sollte zugleich die Grundlagen für einen wissenschaftlichen Sozialismus bieten. Sozialismus ist bei Marx nicht mehr nur eine schöne Utopie, sondern die echte politische Bewegung in Richtung einer solidarischen Gesellschaft, bestehend aus engagierten Menschen.

Im fünften Kapitel geht es um die Auffassung von Marx über Geschichte und Klassenkampf. Hier wird deutlich, dass nicht der Mensch „an sich“ unfähig ist, eine solidarische und gerechtere Gesellschaft hervorzubringen und dass es den Menschen “an sich” gar nicht gibt. Hingegen wird klar, dass viele soziale Probleme wie Unterdrückung, Kriege und Entdemokratisierung aus der Spaltung der Gesellschaft in unterdrückende und unterdrückte Klassen hervorgehen und dass der Streit zwischen den Klassen, der Klassenkampf, mit Fortschritt und Freiheit eng zusammenhängt. Der Kampf der Menschen um eine Verbesserung der Gesellschaft wird bei Marx mit geschichtlichem Fortschritt identifiziert. Die Analyse der unterschiedlichen Bedingungen und Formen dieses Kampfes hebt den Sozialismus auf wissenschaftliches Niveau.

Es dreht sich im sechsten Kapitel alles um die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie, der damals führenden ökonomischen Wissenschaft, die Marx für dogmatisch hielt. Komplizierte ökonomische Begriffe wie Lohnarbeit, Wert, Mehrwert, Ausbeutung, Preis, Profit und Krise werden hier verständlich gemacht. Weiterhin wird erklärt, wie der Kapitalismus entstand, wie er funktioniert, was seine Probleme sind und wie er ständig Widerstand und Protest provoziert.

Das siebte Kapitel ist mit „Arbeitermacht“ überschrieben und zeigt, wieso Marx gerade die Klasse des Proletariats, die modernen Lohnarbeiter, als „Totengräber des Kapitalismus“ bezeichnete, wie diese Klasse den Kapitalismus überwinden und zum Kommunismus führen kann. Dabei werden umstrittene Fragen wie die der Partei, der „Diktatur des Proletariats“ und der Revolution thematisiert. In diesem Kapitel zeigt sich, dass Sozialismus nicht Terror und Totalitarismus bedeuten kann, sondern auf eine Ausweitung der Demokratie angewiesen ist und dass umgekehrt eine umfassende Demokratisierung den Sozialismus benötigt.

Im letzten Kapitel wird gezeigt, wie Marx auch nach seinem Tod und heute noch Relevanz beansprucht. Der Autor versucht zu erklären, wieso der „real existierende Sozialismus“ à la Ostblock gar kein Sozialismus oder Kommunismus war und worin der Unterschied zum Sozialismus von Marx bestand. Auch wird gezeigt, dass die revolutionären Ideen von Karl Marx heute sogar noch aktueller denn je geworden sind. Die Arbeiterklasse ist nicht kleiner geworden, sondern hat sich verändert und ist noch viel größer und bedeutender geworden. Die Widersprüche des Kapitalismus sind nicht verschwunden, sondern spitzen sich mit der weltweiten Krise, mit Entdemokratisierung, Verarmung und Kriegen immer weiter zu. Eine Kenntnis der revolutionären Ideen von Karl Marx ist daher nicht von gestern, sondern gehört zum Verständnis des modernen Kapitalismus.

Das Buch ist beim VSA-Verlag für 16,80 € zu haben und ist seinen Preis wert.

"Доверяй, но проверяй!"


„Vertraue, aber prüfe nach“


Das hat der libertäre Demokrat und Kommunist Lenin sicher nicht nur einmal gesagt. Interessant ist, dass man daraus etwas ganz anderes erdichtet hat. Wie so oft wurde einem politischen Gegner etwas in den Mund gelegt, was er nicht gesagt und nicht so gemeint hat. Aber nicht nur in der Liebe und im Krieg scheint alles erlaubt zu sein. Es gibt offenbar keine Regeln, an die sich gehalten wird. An sich ist überall alles erlaubt. Vor allem, wenn man in einer Gesellschaft zurecht kommen muss, die in Klassen gespalten ist, die verschiedene Interessen haben. Es sollte also nicht wundern, wenn einem großen Politiker und Revolutionär mit Lügen oder Umdeutungen der Ruf ruiniert wird. Denn einige Vertreter so mancher Klassen fürchten nichts mehr als Demokratie und "die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt", wie Marx und Engels den Kommunismus definierten. Daher wurde aus „Vertraue, aber prüfe nach" irgendwie das diktatorisch klingende:

"Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser."

Disarstar - Herr meiner Sinne




Samstag, 28. Dezember 2013

Disarstar - Bewegung (prod. by InspectaMorze)





Crème de la Crème und Abschaum (Serie: Erklärungen zur Erklärung, Teil 1)


"Du... du bist nicht das Geld auf deinem Konto...! Du bist... der singende, tanzende Abschaum der Welt!"

Du bist also der Abschaum der Welt. Aber die eigentliche Frage ist: Bist du jetzt beleidigt? Hoffentlich... Denn du bist echt der Abschaum dieser Welt! Und nicht einmal dein Kontostand kann diese tiefste Wahrheit aller Wahrheiten verschleiern. Das verfremdete Zitat kennst du hoffentlich aus Fight Club. Wenn nicht, dann guck den Film! Aber bevor näher zu erläutern ist, wieso DU der Abschaum bist, kommen wir zu einem ganz anderen Thema.

http://www.wallcg.com/

Die Crème de la Crème


...ist ein luftiges, süßliches, schaumig-cremiges Wölkchen auf wohlig-warmen, delikaten, koffeinhaltigen Erfrischungsgetränken.  Sie ist sie eine kleine, luftige Schaumschicht, die dennoch alle Blicke auf sich zieht. Sie schwebt über kräftigem Kaffee und pulverigem Kaffeesatz. Ihr betörendes Aroma versetzt uns in himmlische Gefilde. Ob auf Cappuccino, Milchkaffee, Café au lait oder Espresso - überall beherrscht die Crème de la Crème das Geschehen. Aber die Crème de la Crème ist noch viel mehr. Sie verkörpert Wohlstand, Luxus, Dekadenz. Sie ist ein Symbol, ein Statussymbol. Hingegen ist...
Crème de la Crème auf http://www.esmokeking.de/

Abschaum


...ein schaumartiges Abfallprodukt, das eigentlich keiner je gewollt hat. Abschaum, den man weggießt, um ihn nie mehr wieder zu sehen, entsteht beim Suppe-Kochen, bei der Zubereitung von Fisch-Brühe oder beim Gießen von Cola auf Milch bei einer Hausparty. Abschaum ist weder appetitlich, noch sonderlich lecker. Für ihn hat man praktisch keine Verwendung. Ob auf der Colamilchmische, auf der Fischbrühe oder auf dem Borschtsch - überall wird der Abschaum wie Abschaum behandelt. Er ist ebenfalls ein Symbol für mehr. Abschaum ist das Symbol für Elend, Erbärmlichkeit und Wertlosigkeit. Er verkörpert das alles. Abschaum wird entsprechend angewidert angeblickt und gemieden. Damit ist...

Du

Der Gegensatz des Abschaums zur Crème de la Crème


...frappierend wie ein Frappé. Denn die Crème de la Crème und der Abschaum dieser Welt sind feindliche Prinzipien. Erstere wird als Speichelfluss anregender Zusatz zu Kaffeeprodukten oder gezielt durch Korruption auf dem Weg des Speichelleckers bis nach oben produziert. Letzterer entsteht ungewollt als Abfallprodukt eiweißhaltiger Brühen oder als Abfallprodukt und Ausgangsbasis vorsozialistischer Klassengesellschaften.

Was? Nicht verstanden? Wenn du es bis hierher geschafft hast, kannst du sicher weiterlesen. Am Ende wirst du alles begreifen. Nur Geduld.

Abschaum und Crème sind feindliche Geschwister. Sie sind sich in ihrem Äußeren gar nicht unähnlich - beide schaumig, luftig - , aber ihre Substanz ist geradezu antagonistisch. Ihr Gegensatz ist ein prinzipieller, weil er prinzipiell unversöhnlich ist. Dessen ist sich zumindest die Crème bewusst.

Foto von http://www.fest.md/

Das bewusste Sein der Crème de la Crème


Denn die oberste Schicht über Bodensatz und Mitte symbolisiert nicht bloß Ideen, sondern verkörpert diese auch. Als High Society, Schickeria und Jetset-Milieu steht die Crème weit über dem Abschaum. Der Abschaum, die Masse, der Pöbel ist ekelerregender Abfall aus Sicht der Crème. Für gewöhnlich grenzt sie sich daher physisch und psychisch vom Abschaum ab. Selten findet man Abschaum im Kaffee. Selten findet man Crème in der Fischbrühe. Nur in Ausnahmefällen kommen Crème und Crétins zusammen.

Die physische Abgrenzung ist ganz wunderbar in Filmen wie Land of the Dead, Banlieue 13 oder Elysium dargestellt. Im Zombiefilm Land of the Dead genießen die Reichen und Mächtigen die Früchte menschlicher Arbeit in ihrem gewaltigen Luxus-Hotel, das von Zombies und Abschaum umgeben ist, der für die Crème de la Crème die Drecksarbeit erledigt. In Banlieue 13, das ebenfalls in der Zukunft spielt, werden die jetzt schon bestehenden Vororte von Paris sogar mit Trennwänden und Polizei von der reichen Innenstadt abgeriegelt. In Elysium ziehen die Bonzen sogar auf eine paradiesische Raumstation in Erdnähe, damit sie den Abschaum der Welt nicht mal mehr aus der Entfernung sehen oder riechen müssen.

Mortal Kombat Cappuccino auf http://lustich.de/
In abgeschwächter Form trennt sich die Crème de la Crème aber heute schon vom Abschaum der Welt. Die gesellschaftliche Elite hat sich in den Klassengesellschaften stets vom Rest der Welt abgesondert. Sie empfindet sich als über dem Rest der Welt erhaben. Die Schickeria verinnerlicht den Gegensatz zum Proleten so tief im Herzen, dass man ihn nicht einmal durch einen Mortal Kombat-Fatality herausreißen könnte. Der Abschaum der Welt steht so tief unter der High Society, dass diese Proleten für sie zu Untermenschen werden. Untermenschen müssen ja lohnarbeiten, um ihre gesetzlichen Rechte kämpfen, sich gesetzlich versichern, mit der Bahn fahren, für einen Club-Besuch in Bargeld zahlen und sich um Rente sorgen. Ekelhaft!

Micky? Foto von http://cdn.myfreechoice.net/
(Ordentliche) Menschen haben größere Probleme. Die schicke Micky z.B., ein reiches Gör, kennt Herzschmerz und das gebrochene Herz daher nur aus den Medien oder beim Gedanken daran, dass sie den schicken Mikey aus der Arbeiterfamilie kurz mit einem (ordentlichen) Menschen verwechselt hat. Dass er ebenfalls chic angezogen ist und fast den selben Namen hat wie Micky, hindert Micky nicht, Mikey zu verachten. Denn er ist ja nur ein verkleideter Prolet! Igitt.

Das bewusstlose Sein des Abschaums


Es ist eine bitterböse Ironie, dass die luftigen, parfümierten, Megareichen im crèmefarbenen Anzug oder Rock ihr Spiegelbild finden im stinkenden, singenden, tanzenden Abschaum der Welt. Auch das Bewusstsein des Jetset-Milieus ist eine Spiegelung des Bewusstseins des Kaffeesatzes.

Anders als die Crème de la Crème, die von ihren eigenen Gedanken, den herrschenden Gedanken, profitiert, wird der Kaffeesatz durch sie wie in der Kaffeepresse nieder gehalten. Die herrschenden Gedanken besagen:

DU BIST DAS GELD AUF DEINEM KONTO und DU BIST DIE CRÈME DE LA CRÈME DER WELT, 

wenn du den Herrschenden den Arsch oder Speichel leckst. Die Ironie daran ist, dass ein Großteil des Abschaums sich für Crème hält. Denn das besagen ja die herrschenden Gedanken. Wir alle sind Crème, wenn wir uns an das Rezept für guten Milchkaffee halten. Viele Proleten lassen sich also durch die Kaffeemaschine pressen, nur um unten noch immer als Abschaum herauszuplumpsen. Abschaum bleibt Abschaum. Das weiß vor allem die Crème de la Crème.

Die crèmefarbene Bourgeoisie, Banner von http://www.eventportalzentrale.de

Der singende, tanzende Abschaum der Welt


Was hat es auf sich mit dem Abschaum der Welt, dem singenden, dem tanzenden? Ich verrat's dir. Dazu gehörst du auch. Zumindest vermute ich, dass die Großbourgeoisie diesen Blog nicht liest. In jedem Fall solltest du dich angesprochen fühlen. Hast ja bis hierher gelesen. Bravo! Dafür belohn' ich dich in Kürze mit der Conclusio.

Der Abschaum der Welt fühlt intuitiv, dass er ein Abfallprodukt ist. Daher sind seine Gesichter meist grau. Vor allem, wenn er morgens zur Arbeit fährt, ist er ein kläglicher Anblick. Man möchte ihn fast noch mehr in den nächsten Gulli gießen als er selbst es will. Aber auch der stinkendste Abschaum der Welt hat ein Recht auf Leben. Und das fühlt er auch. Deswegen singt und tanzt er gelegentlich, um zu vergessen, dass er keine Crème de la Crème ist. In der Disco sind nämlich alle, die nicht singen und tanzen können, gleich. Crème und Abschaum ähneln sich von der Substanz her schließlich. Sie sind entweder schaumig oder aus Fleisch und Blut. Und in der Disco tanzen sie meist gleich ungekonnt, darf man annehmen.

In der Karaoke-Bar, im Glücksspielsalon und im Fußballstadion nähern sich Crème und Abschaum so sehr an wie es nur denkbar ist. Sie verschmelzen zu einer unidentifizierbaren Masse aus johlenden, gröhlenden, sich verzerrenden Gesichtern. Der sonst für die Crème wertlose Abschaum wird zum singenden, tanzenden. Die Illusion der Gleichheit von Crème und Abschaum ist perfekt. Daher liebt der Abschaum diese Örtlichkeiten. Denn er liebt die Gleichheit und das kindische Soziologen-Märchen der nivellierten Mittelstandsgesellschaft oder "Nachklassengesellschaft". Er liebt die Gemeinschaft mit dem Adel der Welt. Aber was treibt die Crème dahin?

"Crème de là Crème" (sic!) von http://micahgianneli.com/

Das Geld auf dem Konto


Der Inhalt der herrschenden Gedanken ist: Diene dem herrschenden Gesocks und du verdienst, was du verdienst! Wehe, du verziehst die Nase bei all ihrem Scheiß! Dann bewerfen sie dich noch damit! Damit unterwerfen sie dich dann noch. Das Geld auf dem Konto macht die Menschen zur Crème de la Crème. Tut mir Leid wegen dieser vulgären Sprache, aber nur sie kann diese vulgäre Welt noch retten.

Dass sie dafür in Scheiße oder Blut baden müssen, ist für sie unerheblich, haben sie doch teuerstes Parfüm und edle Saunen zur Verfügung, die Säue in ihren "Saumänteln"*! Als Crème de la Crème haben sie natürlich, wie könnte es anders sein, keinen Riecher für den Mist, den sie anstellen. Wie der Hof des Sonnenkönigs parfümieren und maskieren sie sich, um in eine rosarote, wohl riechende Traumwelt zu entgleiten. Und den Abschaum kann man ja zur Not wegschütten.

Aber drehen wir die Sache doch einmal um.

Die herrschenden Ideen sind echt ein Haufen Scheiße und die Herrschenden sind vor allem ein Haufen Scheißkerle. Das ist leicht zu beweisen. Jeder auf dieser Welt riecht wohl, dass irgendetwas bis zum Himmel stinkt. Und das sind nicht die Müllberge, die die erste Welt in der dritten lagert. Es sind auch nicht die Leichenberge, die sich in den Kriegsgebieten und Krisenherden ansammeln. Es sind noch nicht einmal die wirklich erschreckenden Mengen an Furzgasen, die unsere Schlachttiere ausstoßen, während sie auf engstem Raum zusammengepfercht werden, um zu unserem Genuss massakriert zu werden.

Okay, doch, genau das sind die Dinge, die zum Himmel stinken. Und die Crème de la Crème trägt dafür die Verantwortung. Denn sie ist ja die Crème de la Crème de tout le monde. Die stinkende, parfümierte High Society, nicht Geld, regiert die Welt:

  • So wie G.S., der sozialdemokratelnde Klassenverräter, der Putins Demokratur näher steht als der Sozialdemokratie als sie noch sozial und demokratisch war. 
  • Oder wie J.F., der als Vernichter der Umwelt in Ländern wie Afghanistan bekannt wurde, in denen seine Uran-Munition Mensch und Umwelt verseucht und vertilgt hat. 
  • Oder, um eine böse Frau zu nennen, wie UvdLeyen, die im Sinne der Herrschenden die wenig begüterten Familien enteignet hat, um die bereits begüterten Familien mit noch mehr Gütern zu versorgen. 

DAS ist tatsächlich die Crème de la Crème der Welt. Sie lecken wirklich gut. Wirklich gut lecken sie.




Ganz kurz vorm Ausrasten?


Abschaum, du merkst, wie dich das ganze beleidigt und wütend macht. Ich verstehe das. Zumindest will ich das.

Aus Orientierungslosigkeit wird Ohnmacht, aus Ohnmacht Verzweiflung, aus Verzweiflung Empörung, aus Empörung Wut, aus Wut Hass, aus Hass Zerstörung. 

Du willst Dinge zerstören, die du hasst. Vielleicht willst du diesen Blog zerstören, weil dir die Worte nicht passen? Wer die Wahrheit sagt, der braucht ein schnelles Pferd. Denn weder Crème, noch Abschaum wollen die Wahrheit hören. Die Wahrheit ist:

Crème und Abschaum können nie zusammenfinden. Und beide singen und tanzen, während es bis zum Himmel stinkt.

http://lovetechno.blogsport.de/
 * Ist ein Insider. ;-)

Freitag, 27. Dezember 2013

Der White Club im Meth-Labor - eine Kritik zu "Breaking Bad"

Breaking Bad war eine der erfolgreichsten und populärsten TV-Serien der Fernsehgeschichte. Aber die actiongeladene Handlung rund um den Drogen verkaufenden Ex-Lehrer Walter White vermittelt zudem eine moralische Anklage gegen die heutige Gesellschaft, findet Alexander Schröder in seinem Gastbeitrag.

Unsicherheit und Ungewissheit 


Walter White ("Heisenberg"),
gezeichnet von Alexander Schröder
Heisenberg war der Name eines deutschen Physikers, der die bisherigen weltanschaulichen Gewissheiten der Physik zerschlug. Die "Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation" besagt, dass die Bewegungsrichtung von physikalischen Teilchen nicht eindeutig bestimmt werden kann. Seither kann man Ursachen und Wirkungen in der Physik nicht mehr scharf von einander trennen. Nicht nur erscheint alles relativ wie bei Einstein, sondern alles in der Physik hat an Trennschärfe verloren. Unsicherheit und Ungewissheit dominiert seither die Naturwissenschaften.

Heisenberg ist auch der Name eines Drogenbarons in der TV-Serie Breaking Bad, der die bisherigen weltanschaulichen Gewissheiten der gutbürgerlichen Moral zerschlug. Die Bewegungsrichtung der Moral des Drogenbarons Heisenberg kann ebenso wenig eindeutig bestimmt werden wie die der physikalischen Teilchen in der Theorie des Physikers Heisenberg. Die Uneindeutigkeit der Moral ist das Hauptthema der Serie.

Eine Serie über verschenktes Potenzial


Gut und Böse können nicht mehr klar unterschieden werden. Gutes verwandelt sich permanent in Schlechtes und umgekehrt. Das macht die Serie so packend und für eine Ideologiekritik interessant.

Wie sieht die künstlerische Inszenierung dieser Moral in der Handlung der Serie aus? Der brave Familienvater und Chemielehrer Walter White erfährt, dass er an Lungenkrebs erkrankt ist. Obwohl er zudem ein äußerst intelligenter Wissenschaftler ist (seine ehemaligen Kollegen sind durch sein Wissen stinkreich geworden), kann er sein enormes Potenzial bis zu seiner Erkrankung nicht voll ausnutzen. Tyler Durden aus Fight Club hätte gesagt: 

"Ich sehe soviel Potential, wie es vergeudet wird!"

Walter Whites schlecht bezahlter Beruf als Schreibtisch-Sklave ermöglicht seiner Familie nur ein dürftiges Leben, weswegen auch seine Ehe zu einem bloß mittelmäßigen Zusammenleben verkommen ist.

Ein Held verzweifelt


Sein Sohn, der an einer Behinderung leidet - der also von der kapitalistischen Gesellschaft wie der Vater an der Ausschöpfung seines Potenzials gehindert wird - verehrt seinen liebenden Vater dennoch und versucht, diesem durch seine eigene Spendenaktion zu helfen. Er beschreibt den braven Mann wie folgt: 

"Er ist ein toller Vater, ein toller Lehrer. Er kennt sich hervorragend mit Chemie aus. Er hat Geduld mit einem. Er ist immer für einen da. Er ist einfach anständig. Und er tut immer genau das Richtige... Mein Dad ist mein Held."

Dieser brave Held, dessen Name bereits auf seine "weiße Weste" hinweist, verzweifelt jedoch bald an seiner miserablen ökonomischen Lage. Wie Leo Tolstojs sterbenskranker Iwan Iljitsch und Tyler Durden in Fight Club wird unser Protagonist durch eine Nahtoderfahrung verändert. Wie sein Vorgänger Durden begreift auch Walter White die zynische Realität:
http://www.redbubble.com

"Wenn Menschen denken, dass du stirbst, hören sie dir richtig zu..."

Aber das Zuhören rettet seine Familie nicht. Denn die Behandlung der Krankheit, die in seinem Körper heranwächst, garantiert keine Heilung und erst recht keine ökonomische Absicherung seiner Familie. Die Krankheit Walter Whites ist Symbol für die gesellschaftliche Krankheit, die man Kapitalismus nennt. Der Krebs in Whites Körper breitet sich aus wie das kapitalistische Prinzip, das immer mehr Lebensbereiche der Gesellschaft erfasst.

Vom Lehrer zum "Meth-Koch"


Die privatwirtschaftlich organisierte Chemotherapie kann ihm keine Sicherheit gewähren (wohl, weil im Kapitalismus mehr für militärische Aufrüstung als für gesundheitliche Ausrüstung ausgegeben wird). Daher nutzt er die "hervorragenden" Kenntnisse, die sein Sohn so sehr an ihm schätzt, um Methylamin zu produzieren und zu verkaufen. Unterstützt wird der von seinem drogensüchtigen ehemaligen Schüler Jesse Pinkman, der wie er eine gescheiterte Existenz darstellt.

Als gefragte, hochkarätige "Meth-Köche" geraten sie immer weiter in kriminelle Machenschaften. Das "Meth-Kochen" wird für den braven Chemielehrer so etwas wie der Fight Club im gleichnamigen Film für die "Männer ohne Zweck, ohne Ziel", die zum Aufstand gegen die gutbürgerliche Moral rufen und den gesitteten Bürgern so plastisch drohen: 

"Wir kochen eure Mahlzeiten, fahren eure Krankenwagen, stellen eure Anrufe durch, holen euren Müll ab… Wir bewachen euch, während ihr schlaft… Versucht nicht, uns zu verarschen!"

Morden auf kreative Weise


Bis aus dem braven US-Bürger Walter White mit der "weißen Weste" der berüchtigte Drogenbaron "Heisenberg" wird, strauchelt er von einem moralischen Dilemma zum nächsten. Sein Auftraggeber, ein brutaler Drogendealer, wird von einem Sprengstoffanschlag durch unseren "Helden" getötet. Ein ebenso brutaler Drogenboss, soll mit seinen eigenen Drogen geschickt vergiftet werden: "Dieser Crétin schnupft doch alles, was ihm in die Finger kommt", stellt Heisenberg sarkastisch fest. 

Natürlich werden noch viele weitere Bösewichte auf kreative Weise aus dem Verkehr gezogen. Aber auch Unschuldige kommen immer wieder zu Tode. Schon allein der fatale Konsum des blauen "Meth" führt zu mehreren Todesopfern. Eine süchtige Frau tötet ihren Partner im Streit um die Droge. Und gerade aufgrund der moralischen Empörung über seinen abhängigen Partner Jesse lässt Heisenberg dessen Freundin an einer Überdosis sterben. Ihr Tod wiederum führt zu einem Flugzeugcrash, da ihr unglücklicher Vater als Fluglotse seine Nerven verliert. Ein Jugendlicher wird nur deswegen ermordet, weil er Zeuge der Machenschaften der Meth-Köche geworden ist.

Die Moral der Kriminellen


Auch Heisenbergs Familie wird immer tiefer in Korruption und persönliche Konflikte hineingezogen. Zwischen Mord und Totschlag kommen den Protagonisten immer wieder Zweifel an ihrem Tun. Aber gerade die verzweifelte Situation der Menschen führt ja zu immer übleren Verstrickungen. Sie können ihrer Lage nicht einfach entfliehen, weil sie an ihren sozialen Beziehungen und moralischen Vorstellungen festhalten.

Moral bei Kriminellen? Sind die denn nicht furchtbar unmoralisch? Und verherrlicht die Serie denn nicht alles Schlechte in der Welt? Jein. Man muss es nämlich, wie alles, dialektisch betrachten. Denn gerade die eingangs erwähnte "Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation" kommt in Anwendung auf moralische Fragen der heutigen Gesellschaft in der Sendung zum Tragen.

Immer wieder wird deutlich, dass Walter White vor allem zum Drogen verkaufenden Antihelden degeneriert, weil die Gesellschaft ihm nicht ermöglicht hat, ein braver Familienvater und Held zu bleiben. Zudem bleibt sein großes Ideal einer stabilen Familie in ökonomischer Sicherheit in veränderter Form bestehen. Am Ende der Serie zählt er sein Geld z.B. anhand der Ausgaben seiner Familie nach seinem erwarteten Tod genauso wie am Anfang der Serie.

Die weiße Weste muss schmutzig werden


Nicht das Geld an sich interessiert ihn, sondern das Geld als Mittel für familiäre Absicherung. Trotz aller Konflikte mit seinen Verbündeten, Freunden und Familienmitgliedern will er gerade sie retten, wo er kann. All seine verbrecherischen Mittel dienen dem Zweck der praktizierten Nächstenliebe. Es ist eine im Kern zutiefst moralische und sozialkritische Idee, die auf diese Weise transportiert wird.

Allerdings ist sie mit dem illusionären amerikanischen Traum verwoben, der in der Serie auf den Boden der Tatsachen gestellt wird. Denn Breaking Bad zeigt, dass der utopische Traum vom Aufstieg aus den unteren Schichten im heutigen US-Kapitalismus für den durchschnittlichen Bürger kaum mit einer "weißen Weste" zu realisieren ist.

Walter White repräsentiert den Typus des normalen Amerikaners, des Joe Average, der aus seiner sozialen Misere mit harter Arbeit nicht mehr herauskommt - es sei denn er ist bereit, sich die ehemals "weiße Weste" schmutzig zu machen. Der gutbürgerliche Geduldfaden des Joe Average muss reißen. Er muss das Falsche tun und ein skrupelloser Antiheld werden, um den amerikanischen Traum zu verwirklichen.

Ein Meisterwerk der Gegenwartskunst


Breaking Bad bietet zwar keine klaren Antworten auf die sozialen Fragen, die die Serie aufwirft. Sie bietet auch keine eindeutigen Antworten auf die Fragen der Moral, die sogar im Serientitel mitschwingen. Es fehlt ihr auch an einer Drohung wie in ihrem Vorläufer Fight Club: 

"Wir wurden durch das Fernsehen aufgezogen in dem Glauben, dass wir alle irgendwann mal Millionäre werden, Filmgötter, Rockstars… Werden wir aber nicht! Und das wird uns langsam klar! Und wir sind kurz, ganz kurz vorm Ausrasten…"

Dennoch: Heisenbergs Schicksal ist eine vernichtende Kritik des gegenwärtigen Kapitalismus, der sogar seinen bravsten Bürgern keine menschenwürdige Existenz mehr ermöglicht. Breaking Bad provoziert daher ein kritisches Nachdenken über "Gott", der schon seit Nietzsche entschwunden zu sein scheint, und die kapitalistische Welt, die ihn verschleppt hat. Und das tut sie auf packende Weise, mit beeindruckenden Bildern, einer eigenartigen musikalischen Unterlegung und hervorragender Schauspielerei. Die Serie ist daher ein unvergessliches Meisterwerk der Gegenwartskunst.

Donnerstag, 26. Dezember 2013

"Tote Arbeit", die tötet (Serie: Gefahren der technokratischen Revolution, Teil 3)

"Am 29. August 1997 endeten drei Milliarden Leben. Die Überlebenden des nuklearen Feuers nannten den Krieg den Tag des jüngsten Gerichts. Sie überlebten nur, um sich einem neuen Alptraum gegenüberzustehen: dem Krieg gegen die Maschinen."

Ein unkontrollierbares System


Der Rückständigkeit sei dank hat sich dieses Schreckensszenario im Action-Film "Terminator 2" bisher nicht bewahrheitet. Die Bedrohungen der Menschheit durch unkontrollierbare Technologien bestehen aber noch immer und werden sogar Jahr für Jahr gefährlicher. Denn der Kapitalismus konnte bisher keine Lösung für die größten gesellschaftlichen Probleme bieten.

Wie denn auch? Ist doch der Kapitalismus die Wurzel aller Probleme in der heutigen Klassengesellschaft. Er kann diese Probleme bisher nicht lösen. Der Kapitalismus vertieft diese sogar, weil er ein uneinheitliches, unberechenbares und unkontrollierbares System darstellt. Dieses System übernimmt im Gegenteil mehr und mehr die Kontrolle, über uns, unser Leben, unsere Arbeit, unser Denken. Kapitalismus ist das Brot und die Religion der heutigen Menschen.

Der Kapitalismus ist ein System, worin ein abstraktes, absurdes und amoralisches Prinzip das konkrete, sinnerfüllte und moralische Leben der Menschen beherrscht. Dieses Prinzip kann man das Prinzip des wirtschaftlichen Gewinns oder der Profitmaximierung nennen.

Der Gewinn als Prinzip der Wirtschaft ist eine fremde Macht gegenüber der Gesellschaft. Die Menschen bestimmen nicht mehr bewusst, wie sie ihre Gesellschaft haben wollen, sondern erliegen ihrem eigenen System. Dieses Prinzip leitet alle gesellschaftlichen Bereiche. Deswegen investieren die Kapitalisten immer weiter in ihre Unternehmen, kürzen Löhne, verpesten die Umwelt, führen Kriege und gründen oder zerstören ganze Staaten. Deswegen wird produziert, gewirtschaftet, kooperiert und konkurriert. Deswegen werden Politik, Wissenschaft, Religion und Kunst betrieben. Marx nennt dieses Prinzip auch die "Selbstverwertung des Werts" oder "Akkumulation um der Akkumulation willen", um den Automatismus dieses Prinzips zu betonen. Nicht mehr Menschen entscheiden für sich. An sich entscheidet dieses Prinzip für sie.

Ohne die Akkumulation von Geld, die zu mehr Geldakkumulation zwingt, würde ein Großteil des gesellschaftlichen Lebens im Kapitalismus zusammenbrechen. Deswegen beugen sich ganze Staaten und sogar die freidenkenden Wissenschaftler und Künstler letztlich der Geldmacherei. Das ist die Expansion des Kapitals in alle gesellschaftlichen Bereiche. Diese Expansion prägt nicht zuletzt auch den zentralen Bereich des Arbeitslebens. Sie macht aus den Produkten und Waren der Menschen "tote Arbeit", die letztlich sogar tötet.

Lebendige und tote Arbeit

Dylan A.T. Miner, Damos Gracias (Wal-Muerto), 
2007, relief print on recycled grocery bag. 
(Image courtesy of the artist.)

Das Arbeitsleben der meisten Menschen dominiert ihre anderen Lebensbereiche. Für die meisten Menschen
ist ihre Arbeit zwar eine trostlose, geistlose und perspektivlose Angelegenheit. Die arbeitenden Menschen unter uns stumpfen beim karrieristischen Spießrutenlauf entsprechend ab. Aber sie erhoffen sich dennoch eine lebendiges und anregende Perspektive fürs Leben. Die Arbeit kann sie ihnen aber oft nicht bieten.

Ihr Glück suchen sie daher meist mit größerem Erfolg in der Freizeit. Auch wenn sie das nicht davor schützt, zu Zombies zu mutieren, die ihr Leben lang unreflektiert durch die Welt schleichen, ist die Freizeit vieler Menschen der Beweis dafür, dass sie irgendwie doch lebendig sind. Das könnte man bezweifeln, wenn man ihre untoten Gesichter morgens um halb acht in der Bahn erinnert, aber glaubt mir ruhig, dass diese Leute wie sämtliche Menschen lebendige Arbeit verrichten.

Das Cover für das Album 
"Living For Dead Labor" 
Arbeit wird sogar und gerade von diesen gelangweilten Wochenendexistenzen als totlangweilige Pflicht begriffen. Deswegen sehen ihre Gesichter so emotions- und geistlos aus. Deswegen ist dieses Leben für sie ein abstraktes, sinnentleertes und letztlich unmoralisches Dasein. Es ändert jedoch nichts daran, dass sogar die geistlos wirkenden Menschen oft quicklebendige Liebhaber und clamheimliche Philosophen sind. Und das ändert nichts daran, dass Arbeit immer "lebendige Arbeit" ist.

"Lebendige Arbeit" macht als Begriff nur Sinn, wenn sie als Gegensatz zu etwas begriffen wird. Der Gegensatz zur lebendigen Arbeit ist die "tote Arbeit". Auf kulturkritik.net gibt es einen Artikel, der den Begriff erklärt:

"Mit dem Begriff 'Tote Arbeit' soll dargestellt sein, dass es ein Produkt der Arbeit gibt, welches alles Leben verlassen hat, welches als tote Macht über das Leben der Menschen herrscht. Hierin fällt die wertmäßige Repräsentanz der Arbeitsproduktivität als Geldbesitz zusammen mit der politischen Allgemeinheit eines entäußerten Willens als immanentes Sollen des Wertwachstums, das sich vom Wirtschaftswachstum und seiner natürlichen Geschichte, der Geschichte der Produktivkraft der Arbeit gelöst hat, letztlich gegen das Leben, gegen die Bedürfnisse von Mensch und Natur richtet. Diese Identität drückt der Begriff von toter Arbeit aus: In ihr gibt es nichts Lebendes, sondern alleine fremde Macht, eines Verwertungstriebs, der eine wirklich fremde Kraft hat."

Im Grunde ist das nur ein Verweis auf Marx, der den Begriff geprägt hat. In seinem Meisterwerk, Das Kapital, schreibt er über die "tote Arbeit":

"Das Kapital ist verstorbne Arbeit, die sich nur vampirmäßig belebt durch Einsaugung lebendiger Arbeit und um so mehr lebt, je mehr sie davon einsaugt."

Die "verstorbne Arbeit" wird also bestimmender und bestimmt schließlich für die Menschen an sich. Für sich selbst verlieren die Meschen das Selbstbewusstsein und die Selbstkontrolle. Sie geben es ab an den blinden Willen ihres eigenen Produkts und ihrer eigenen Verhältnisse. Bei Marx wurde auch dieser Prozess schon erwähnt. Laut Marx können die Verhältnisse, in denen die Menschen produzieren, ab einem gewissen Punkt über ihren Kopf wachsen und "von ihrem Willen" unabhängig werden:

"In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen."

Die "tote Arbeit" macht sich somit von der lebendigen Arbeit unabhängig und gewinnt eine eigene Automatik und Logik. Auf katy-teubner.de gibt es eine für uns hier nützliche Darstellung des Gegensatzes von lebendiger und toter Arbeit. Das System toter Arbeit übernimmt demnach die Kontrolle über die lebendige Arbeit:

"Die lebendige Arbeit, der Arbeitsprozess, steht der Übermacht der toten Arbeit (Maschinen, das gesellschaftliche Produktionsverhältnis, Geld, der Staat) gegenüber. Spezifisch tritt die lebendige Arbeit in kurzen Zeitabschnitten hervor (aktives Berufsleben), im Gegensatz zu der toten Arbeit mit langen Perioden (eine Maschine kann durchaus mehrere Generationen 'überleben'). Die Masse der toten Arbeit ist in derUnterdrückerklasse, die die einseitige Arbeit verrichtet (funktionieren wie eine Maschine, s.o.). Allerdings kann sich keine Klasse als Besitzer der toten Arbeit bezeichnen. Es findet ein permanenter Kampf um Anteilhabe an der toten Arbeit statt. Er äußert sich beispielsweise in Streiks. Dann findet eine zeitliche Trennung zwischen den beiden Arbeitsarten statt, denn ohne tote Arbeit für sich allein produziert nicht (sonst wäre eine Maschine ein „Perpetuum mobile“). Der Widerspruch ergibt sich nun darin, dass durch die unterschiedlichen Produktionszeiten die Wechselbeziehung zwischen der lebendigen und toten Arbeit für den Einzelnen nicht erfahrbar ist und somit der politische Anspruch der Ökonomie der Arbeitskraft nicht gegeben ist (s.o.). Dieser Widerspruch betrifft das gesamte politische Grundverhältnis einer Gesellschaft."

Der Kampf gegen die "tote Arbeit"


Tote Arbeit ist demnach etwas, "das keinen Sinn hat, aber alles bestimmt, was Sinn macht." Tote Arbeit sei die "Grundlage für den bürgerlichen Staat und die bürgerliche Kultur". Bürgerlicher Staat und bürgerliche Kultur machen Sinn, aber sie sind da für die Profitmaxierung, die keinen Sinn macht. Sogar das Rationale wird von diesem irrationalen Prinzip beherrscht. Auch "Vernunft" und Wissenschaft unterwerfen sich ihm. Der Widerspruch zwischen sinnvollen bürgerlichen Errungenschaften und dem sinnlosen kapitalistischen Prinzip wird so immer krasser.

Und dieser Widerspruch ist grenzenlos, solange es den Kapitalismus als globales System gibt. Die tote Arbeit bemächtigt sich immer mehr unseres Lebens. Wir werden von unserem eigens produzierten Gegenstand zum bloßen Gegenstand degradiert. Die kapitalistische Maschinerie macht uns zu Maschinen. Maschinen kennen keine Moral, keine Solidarität und keine Leidenschaft. Sie werden programmiert und führen bis zu ihrer Verschrottung widerstandslos Befehle aus. Dieser Horrorzukunft nähern wir uns in großen Schritten an. 

Allerdings gibt es noch immer einen Kampf zwischen den beiden Prinzipien, zwischen Leben und Tod. Es kommt zu Widerstand gegen die tote Arbeit. Die Sache ist noch nicht entschieden. Die Zuspitzung der internationalen Konkurrenz führt weiterhin zu Verelendung und Ohnmacht auf der einen Seite und zu mehr Reichtum und Macht auf der anderen Seite. Die leidenden Massen der Bevölkerung wehren sich zwar in regelmäßig ausbrechenden Massenbewegungen und -protesten. Aber bisher wurden revolutionäre Erhebungen immer wieder von der Staatsmacht unterdrückt. Die Technik ist dabei nur ein Mittel im Kampf dieser beiden Seiten.

Wissenschaft und Technik sind im Kapitalismus einerseits dem Bewusstsein und Interesse der Herrschenden unterworfen und damit teils steuerbar. Andererseits sind sie der kapitalistischen Verwertungslogik unterworfen. Aber weder der Staat noch der Markt können die Technik kontrollieren.

Die Technik droht vielmehr, sich zu verselbständigen, da das Resultat am Ende offen ist. Wir wissen nicht, ob es einen Atomkrieg geben wird, ob die Killermaschinen der Zukunft sich gegen die gesamte Menschheit wenden oder ob die Gentechnik die Menschheit auslöschen wird. Was wir aber jetzt schon wissen können ist, dass die Technik den Herrschenden dient.

Und wir können ahnen, dass diese unkontrollierte Technokratie einer demokratischen Kontrolle durch die ganze Gesellschaft bedarf. Eine solche demokratisch kontrollierte Technik könnte allen Menschen dienen. Dafür brauchen wir aber eine Demokratisierung von Staat und Wirtschaft, die den Kern unseres Systems in Frage stellen würde, das kapitalistische Prinzip und die tote Arbeit als Herr der Welt.

Infos



Donnerstag, 19. Dezember 2013

Das Joch der Vernunft in Evgenij Zamjatins „Wir“ (Serie: Gefahren der technokratischen Revolution, Teil 2)



Dieser Essay befasst sich mit dem Begriff der "Vernunft" im dystopischen Roman Wir von Evgenij Zamjatin.

Instrumentelle Vernunft



Die Idee der Vernunft besteht schon seit der Antike und wird noch heute diskutiert. Die Handhabung der Vernunft kann ganze philosophische Entwürfe, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft entscheidend beeinflussen. Aber sogar die Vernunft schwebt nicht im luftleeren Raum. Auch sie ist gebunden an ein Hirn und daher an menschliche Körper. Da die Körper an Gesellschaft und Gesellschaftsklassen gebunden sind, kann sie ein Mittel für den Fortschritt oder auch für den Rückschritt sein. Es kommt darauf an, wer sie unter welchen Umständen wie nutzt. Vernunft ist instrumentell, ein Instrument, um einen Willen durchzusetzen. Dabei muss nicht unbedingt das Beste oder etwas Gutes herauskommen. Es muss nicht einmal zu Fortschritt kommen. Vernunft kann reaktionären Interessen dienen. 

Der Prototyp der literarischen Dystopien des 20. Jahrhunderts


Zamjatins Roman wurde 1920, mitten in der russischen Revolution, fertiggestellt. Zamjatin war zu dieser Zeit selbst Kommunist. Allerdings ahnte er, wie sich die Zukunft der Staatsmacht entwickeln würde. Er nahm mit seinem Roman eine totale Klassenherrschaft vorweg, die mit dem Aufstieg des Stalinismus in Russland bald tatsächlich Realität zu werden schien. Auch der Faschismus und die heutigen Kontrollmechanismen durch den so genannten Verfassungsschutz in der BRD oder den FSB in Russland erinnern an das Szenario von Wir. Der Roman wurde zum Prototyp anderer Dystopien wie Schöne neue Welt oder 1984.

Der Roman spielt in der fernen Zukunft. Es gibt nur noch den "Einzigen Staat", die die zivilisierte Welt beherrscht. An ihrer Spitze steht der so genannte "Wohltäter", der die Vernunft verkörpert, mit der er die Untertanen durchsetzt. Alles Irrationale und Emotionale wird dagegen verdrängt. Die menschliche Gesellschaft soll kontrollier- und berechenbar sein. Dafür müssen individuelle Abweichungen minimiert werden. Die Menschen werden daher "vernünftig" normiert, sodass sie keine Individuen mehr sind. Sie haben auch keine Namen mehr, sondern nur noch Kennziffern. Da stört es auch nicht, dass sie durch die gläsernen Gebäude fast keine Privatsphäre mehr genießen können. Die Staatsideologie predigt das Glück durch die Regelung des gesellschaftlichen Lebens gemäß der Vernunft. Die Vernunft wird natürlich vom Staat definiert. Widersacher, die zu emotional sind, werden unterdrückt. Es gibt hinter der Grenzmauer des Staates zwar noch eine wilde, unzivilisierte Welt, aber die Bewohner dieser Welt erscheinen wie barbarische Terroristen, die die Regeln der Vernunft nicht einsehen.

Der Erzähler und Protagonist des Romans, D-503, ist ein Raketeningenieur, der die Mathematik und die Vernunft zu lieben scheint. In seinen Tagebucheinträgen wird die Handlung erzählt. Allerdings ist auch er nicht völlig rational und genormt, sodass er an seiner Ideologie zu zweifeln beginnt...

Das Joch der Vernunft und mathematisch-fehlerfreies Glück


Schon auf der ersten Seite von Wir fällt der behandelte Begriff. Der Erzähler zitiert die Staatszeitung: 

„Eure Aufgabe ist es, jene unbekannten Wesen, die auf anderen Planeten – vielleicht noch in dem unzivilisierten Zustand der Freiheit – leben, unter das segensreiche Joch der Vernunft zu beugen. Sollten sie nicht begreifen, daß wir ihnen ein mathematisch-fehlerfreies Glück bringen, haben wir die Pflicht, sie zu einem glücklichen Leben zu zwingen.“ 

Damit wird ein wichtiger Aspekt der Vernunft erwähnt: ihr Zwangscharakter. Das „Joch der Vernunft“ erscheint als glückbringend und im Gegensatz zum „unzivilisierten Zustand der Freiheit“ zu stehen. Die Vernunft wird zur „Vernunft des Mechanischen“ reduziert. 

Damit wird im Verbund mit der Schilderung des mechanischen Ablaufs fast aller Geschehnisse, die vom „Einzigen Staat“ mathematisch genau für jeden Bürger geplant, durchgesetzt und kontrolliert werden, der Eindruck erweckt, die genaueste Planung der maschinengleichen Gesellschaft durch den „Einzigen Staat“ sei die Spitze der Vernunft. 

Als vernünftig erscheint es dann nicht bloß, sogar das sexuelle und emotionale Leben aller Bürger dem Staat zu unterwerfen und diesen zum Gott zu erheben. Ebenso vernünftig scheint es, sich als Bürger dem staatlich verordneten Todesurteil widerstandslos zu beugen.

Die aus dem 20. Jahrhundert stammende Betriebsführung mit wissenschaftlichem Anspruch nach F. W. Taylor, die das Ziel verfolgt, betriebliche Abläufe durch immer striktere Trennung von Führung und Arbeitern, präzisere Vorgaben und weitergehende Arbeitsteilung dem Produktionsoptimum anzunähern, wird vom Protagonisten als geniale prophetische Leistung verehrt. Taylors Methode werde vom „Einzigen Staat“ auf die gesamte Gesellschaft übertragen und vervollkommnet, so der Erzähler.

„Das einzige Mittel, den Menschen vor dem Verbrechen zu bewahren, ist, ihn vor der Freiheit zu bewahren“,

formuliert er. Da die Freiheit effektiv vom „Einzigen Staat“ verhindert wird, scheint es daher nahe zu liegen, dem Staat ganz nach tayloristischer Wissenschaft alle Gewalt zu überlassen, um Freiheit und verbrecherische Anomalie aller Bürger zu verhindern.

Doch der Roman stellt nicht nur diese Seite der Vernunft dar. Im Rahmen der „krankhaften“ Entstehung einer "Seele" im Protagonisten und seiner Bekanntschaft mit revoltierenden Barbaren beginnt der Erzähler, an dem Staat und seinen Vorgaben zu zweifeln. So schreibt er: 

„Vielleicht gibt es aber im Leben weder Schwarz noch Weiß, vielleicht hängt die Farbe nur von dem logischen Grundsatz ab, von dem man ausgeht.“, und „Ja, es ist Wahnsinn! Alle müssen den Verstand verlieren, alle, alle – so schnell wie möglich! Es muß sein, ich weiß es!“ 

Der Zweifel an der Allmacht der Vernunft entwickelt sich zur fundamentalen Kritik an den Lehren des „Einzigen Staates“. Die Vernunft könnte eine unvernünftige Quelle haben. Diese radikale Kritik wird zu radikaler Ablehnung. Der anarchische "Wahnsinn" wird der staatlichen "Vernunft" gegenüber bevorzugt. Sogar der totale "Einzige Staat" kann die individuelle Natur der Menschen nicht beseitigen.

Schließlich zeigt sich sogar an einer Aussage des faktischen Diktators im „Einzigen Staat“, dass er eine völlig verdrehte Logik vertritt: 

„Die wahre Liebe zur Menschheit ist unmenschlich, und das Kennzeichen der Wahrheit ist ihre Grausamkeit!“ 

Betrachtet man die Vorgehensweise des Staates genauer, fällt auf, dass dieser durch eine Reihe von Zirkelschlüssen zu seiner Definitionsmacht gelangt sein muss. Er erkennt in sich einen Gott, der eine unfehlbare Vernunft und die Logik vertritt, welche zugleich Naturgesetzen gleichkommen. Diese kennt aber nur der Staat genauestens, sodass nur ihm totale Autorität zusteht. Die Autorität des Staates kommt von der Logik, diese wird aber nur durch den Staat autorisiert. 

Woher aber der Staat den Zugang zur privilegierten Erkenntnis hat, wird nicht geklärt. Letztlich wird offenbar, dass der Staat die "Vernunft" einzig Kraft seiner Gewalt definieren kann. Damit zeigt sich, dass der „Einzige Staat“ nicht auf Vernunft aufgebaut ist, sondern auf irrationalem Glauben.

Mittwoch, 18. Dezember 2013

Gott und die Welt - eine Filmkritik zu "The Sunset Limited"

"Also, was soll ich jetzt mit Ihnen machen, Professor?" Mit dieser Frage beginnt der grandiose Film The Sunset Limited von Tommy Lee Jones. "Warum wollen Sie überhaupt irgendwas machen?" erwidert der Professor auf die anfängliche Frage. Der ganze Film läuft im Grunde über 80 Minuten lang so ähnlich weiter. Die Handlung, die auf einem Stück von Cormac MacCarthy basiert, ist entsprechend einfach und doch komplex.

Es gibt nur zwei Figuren, den Professor (Tommy Lee Jones) und seinen Retter (Samuel L. Jackson). Sie diskutieren die ganze Zeit über "Gott und die Welt". Denn der Professor wollte sich vor die "Sunset Limited", eine Bahn in Los Angeles, stürzen. In der Stadt der Engel wird er aber passender Weise von einem Schutzengel gerettet, einem schwarzen Ex-Knacki. Der Professor lässt sich in der Wohnung seines Retters auf eine tiefgehende Diskussion ein. Damit wird dem Zuschauer ein großartiges Panorama von Glaubens- und Wissensfragen dargeboten, das seines Gleichen sucht.


Unversöhnliche Gegensätze


Der gläubige Ex-Knacki ist empört über den gotteslästerlichen Selbstmordversuch des Professors. "Verdammt, Professor. Kein Glaube?" Um ihn von weiteren Selbstmordversuchen abzuhalten, fängt er an, dem Professor Moral einzuimpfen: 

"Die Person stand da. Ich hätte ihr jetzt in die Augen sehen können und ihr sagen, dass Sie nicht wie mein Bruder aussieht. Aber da stand sie. Da konnte ich nicht einfach wegsehen."

Der  unglückliche Professor antwortet halb-zynisch und halb-tugendhaft:

"Menschen, die auf Wildfremde aufpassen, sind ganz oft Menschen, die nicht auf die achten, auf die sie achten sollten. Meine Meinung ist: Wenn Sie nur das tun, was Sie tun sollen, können Sie nie ein Held werden."

Der schwarze Schutzengel erkennt also einen Funken Hoffnung in seinem verzweifelten Gegenüber. Durch Rhetorik und Dialog will er diesen Funken entzünden. Der Professor geht darauf ein und erklärt den Grund für seine Verzweiflung. Die heutige Welt ist für den Professor eine "moralische Lepra-Kolonie", in der auch der letzte Rest an Moral Stück für Stück auseinander fällt. Es ist ein schrecklicher Ort und das Leben ist nicht lebenswert. "Diese Menschen sind es nicht wert, gerettet zu werden", sagt er zynisch. Man kann sich seinen Weltschmerz vorstellen als er die folgenden Sätze ausspricht:

"Die Menschen haben die Wertschätzung aufgegeben. Ich habe sie auch aufgegeben... Diese Welt ist schon zum größten Teil untergegangen. Sie wird bald ganz verschwunden sein... Die Dinge, die ich liebte, waren sehr zart. Sehr zerbrechlich. Ich dachte, sie wären unzerstörbar. Doch das waren sie nicht."

Sein tiefgläubiger Schutzengel lässt sich davon nicht beeindrucken. Denn in seinem abgefahrenen Leben hat er trotz aller Sünden und Leidensgeschichten zu Gott gefunden. Im Grunde beichtet er dem Professor im Folgenden seine Verbrechen. Es ist zugleich ein Bekenntnis zu Gott und zur Heiligkeit des Lebens. Eine Knastgeschichte, die er dem Professor rasend und schreiend wiedergibt, dürfte jeden Zuschauer beeindrucken. Als reuiger Ex-Knacki hat er natürlich einige solcher Knastgeschichten auf Lager. Die Attacke eines anderen Häftlings hatte er äußerst brutal beantwortet. Der Professor fragt: "Ist der Mann gestorben?" Und die Antwort gruselt:

"Nein. Ist er nicht. Alle haben überlebt. Sie dachten, er wäre tot, aber das war er nicht. Bloß danach war er nicht mehr ganz richtig. Das heißt, der hat mir keinen Ärger mehr gemacht. Er lief dann rum, Kopf auf der Seite. Er hat ein Auge verloren. Der Arm hing runter, konnte nicht mehr richtig sprechen, wurde verlegt in 'ne andere Einrichtung."

Diese Killermaschine hat dennoch zu Gott gefunden. Nach dem Vorfall hörte er eine Stimme, die ihn ermahnte und auf den richtigen Weg brachte. Es mag ein Engel gewesen sein. Vielleicht hat er auch nur halluziniert. Jedenfalls wurde er gläubig. Den Professor lässt das kalt. Er weist darauf hin, dass der brutale Häftling erst durch die übelste Gewalt gehen musste, um zu Gott zu finden.

Abgesehen von der Theodizee-Debatte, in der sich die beiden Kontrahenten immer wieder gegenseitig übertreffen, diskutieren sie noch etliche andere Fragen. Sie diskutieren über Schmerz, Liebe, Glück und Unglück, Gut und Böse, Zweifel und Glauben, Kultur und Zivilisation, die antisemitischen Deutschen, den Holocaust, die Juden, Arm und Reich, die Erbsünde, Ketzerei, den Geschlechterkampf  usw. Das Gespräch scheint im Grunde ein Aufeinanderprallen von unversöhnlichen Gegensätzen zu sein. Alle diese Fragen führen aber immer wieder zum Kern der Geschichte. Das Gespräch ist eine Predigt.

Die Dialektik der Predigt


Das Gespräch verwandelt sich immer mehr in eine "Dialektik der Predigt", wie der Professor es ausdrückt. Beide Seiten wollen einander überzeugen von ihrem Standpunkt. Es sind Gegensätze, die von einander nicht loslassen können und sich dennoch streiten. Es ist fast wie eine typische Ehe. Das ist Dialektik.

Die Idee der Predigt wird ausgeführt. "Predigen ist für die Lebenden", sagt der Professor. Aber wo sind die Lebenden in dieser Welt? Sind die Menschen nicht schon lange lebende Tote, hirnlose Untote, blutrünstige Zombies geworden? Genau diese Frage stellt sich der Professor.

Er glaubt, dass die Untoten bereits herrschen, dass es keine Hoffnung mehr gibt, dass es keinen Fortschritt mehr geben kann. Deswegen beleidigt er sein Gegenüber auch mehrfach. Der jedoch hat als Ex-Knacki ein dickes Fell. Er verzweifelt nicht aufgrund von Zweifelei und leidet nicht unter Beleidigungen. Er akzeptiert die Sündhaftigkeit der Welt. Dadurch ist er mit sich und der Welt im Reinen.

Die Dialektik im Film geht noch tiefer. Tommy Lee Jones ist weiß. Samuel L. Jackson ist schwarz. Und wie schwarz er ist! Das ist kein Zufall, denn damit wird der Gegensatz zweier Menschen, die nicht mehr die jüngsten und männlich sind, bildlicher und nachvollziehbarer.

Tommy L. spielt den weißen Professor aus der besitzenden Mittelschicht. Samuel L. spielt den schwarzen Ex-Knacki aus der besitzlosen Unterschicht. Der Professor ist hochgebildet, aber ein verzweifelter Zweifler. Der Ex-Knacki dagegen ist kein Intellektueller, aber ein geläuterter, glaubender Mensch. Der besitzende Intellektuelle ist depressiv und schätzt seinen Besitz und seine Bildung nicht mehr. Der geläuterte Ex-Knacki ist vielleicht nicht unbedingt glücklich, aber er genießt das Leben und beweist großartigen Humor.

Der intellektuelle Atheist vertritt eine zutiefst kulturpessimistische Position. Er glaubt im Grunde mit Nietzsche, Gott sei tot und die Welt müsse untergehen. Und er kann Gottes Tod nicht bewältigen. Der weise Christ vertritt dagegen eine zutiefst optimistische Position. Er glaubt an Gott, den Menschen und die Zukunft.

Unüberwindbare Gegensätze?


Deswegen ist der Humanist sogar von diesem deprimierenden Zyniker beeindruckt: "Ach, Professor, Sie sind ein unglaublicher Mann!" Sicherlich kann man den Satz auch als Vorwurf eines Gläubigen gegen einen ungläubigen Mann verstehen. Jedenfalls werden uns im Verlauf des Films beide Figuren sympathisch.

Sowohl der deprimierte Atheist wie auch der gläubige Optimist sind Charaktere, die wir lieb gewinnen, weil sie so typisch menschlich sind. Zugleich erscheinen die beiden Seiten wie unversöhnliche Gegensätze, die sich einander annähern, aber nie so recht zusammenfinden können. Denn zwischen der christlichen Utopie des Einen und der Dystopie des Anderen liegt eine unfassbar tiefe Kluft. Der Professor erklärt zuletzt seine scheußliche Sicht auf die Welt, die sogar unseren Prediger beleidigt und quält:
"Ich sage, dass die Welt im Grunde ein Zwangsarbeitslager ist, aus dem jeden Tag Arbeiter völlig unschuldig per Zufall herausgeführt und hingerichtet werden. Ich glaube nicht, dass das nur meine Einschätzung ist, sondern dass es tatsächlich so ist. Gibt es alternative Sichtweisen? Ja. Hält eine von denen einer gründlichen Untersuchung stand? Nein."

Die Frage ist, ob die ferne Utopie und die reale Dystopie wirklich so weit auseinander liegen. Um das zu klären, habe ich den Film innerhalb weniger Tage ein halbes Dutzend Mal durchgesehen. Wenn das kein packender Film ist! Ich frage mich, ob die Gegensätze nicht auflösbar sind in einem kategorischen Imperativ, der nicht bloß moralisch ist, nicht bloße Idee bleibt, sondern die Idee zur Wirklichkeit macht. Können die zwei scheinbar unversöhnlichen Gegensätze nicht aufgelöst werden, wenn sich die Welt ändert?

Infos


The Sunset Limited auf IMDB.

Ein Trailer auf IMDB.

Eine Filmkritik auf nytimes.com