In diesen Tagen erscheinen in Handelsblatt, faz, taz usw. bemerkenswerte Artikel über China. Bevor ich mich zum Karneval aufmache, fühle ich mich daher genötigt, sie zu kommentieren. Denn es werden zwei äußerst interessante Themenfelder angesprochen:
1. Einschneidende Reformen, die die Führung der Kommunistischen Partei Chinas gerade ankündigt
1. Einschneidende Reformen, die die Führung der Kommunistischen Partei Chinas gerade ankündigt
2. Die illegale Gründung einer Partei der Anhänger des entmachteten Politsuperstars Bo Xilai
1. Einschneidende Reformen?
Petra Kolonko schreibt in der faz über die großspurig angekündigten Reformen der Partei:
Es wäre eine große Überraschung, wenn unter der Rubrik „Reform des politischen Systems“ mehr als nur eine neue Verschlankung der Administration und einige Justizreformen herauskämen.
Sie hat völlig Recht. Einschneidende politische Veränderungen sind nicht zu erwarten. Die würden nämlich für die Parteiführung bedeuten, dass sie sich gegen die mächtigen Interessen ihrer sozialen Basis in der riesigen Partei- und Staatsbürokratie und in der einheimischen und ausländischen Unternehmerschaft wenden müsste.
Einschneidende Reformen wären eine radikale Abkehr von der "kommunistischen" Klientelpolitik für korrupte Parteibonzen, Beamte, Postenträger und intellektuelle Speichellecker in der politischen Bürokratie einerseits. Und sie wären eine ebenso radikale Abkehr von der Klientelpolitik für die Eigentümer, Manager, Buchhalter, höheren Angestellten und intellektuellen Speichellecker in der Sphäre des privaten Marktgeschehens andererseits.
Wer solche Reformen ernsthaft erwartet, unterstellt der neuen Partei- und Staatsführung um Xi Jinping und Li Keqiang einen revolutionären Idealismus, den sie wohl kaum inne haben. Sie müssten für solch einen Idealismus schließlich nicht nur die Bedürfnisse ihrer sozialen Basis verletzen, sondern auch ihre eigenen Klasseninteressen völlig ignorieren. Das aber passiert so bewusst und gezielt wirklich sehr selten bei einer herrschenden Klasse. Das können sich die regierenden Politiker, die ja für die Unterdrückung der eigenen Bevölkerung eingesetzt wurden, äußerst selten leisten. Und besonders Chinas herrschende Klasse kann sich das aufgrund der wirtschaftlichen Struktur in China nicht leisten. Finn Mayer-Kuckuk schreibt im Handelsblatt daher ganz richtig:
China – eine Kommandowirtschaft? Von wegen. Das Land ist derzeit enorm schwer zu führen. Reformen sind überfällig, doch der herrschenden Klasse geht es immer noch bestens. Sie wehrt sich mit allen Mitteln gegen echte Veränderungen.
Der gewählte Ausschuss dieser herrschenden Klasse aus Kapitalisten und Bürokraten, die Partei- und Regierungsführung, kann sich einschneidende Reformen nicht leisten, weil sie wohl sofort von allen ihren Klassenbrüdern in den Provinzen, Städten, in den Ministerien, Ämtern usw. attackiert würde. Das würde für die sie politischen Selbstmord bedeuten.
Statt einschneidender Reformen sind aber Reformen der staatlichen Verwaltung, der staatseigenen Betriebe und der privaten Marktwirtschaft zu erwarten. Und die könnten verhältnismäßig weit gehen.
2. Bo Xilai-Partei?
Anhänger des inhaftierten Bo verkündeten am Sonntag die Gründung einer Partei zu seiner Unterstützung. Bereits am Mittwoch sei die Partei namens Zhi Xian (Oberste Verfassung) gegründet worden, um den zu lebenslanger Haft verurteilten Politiker zu unterstützen, sagte Mitbegründerin Wang Zheng. Derartige Gründungen ohne Genehmigung der Behörden wären illegal.
Da mir bisher Informationen zu diesem spannenden Thema fehlen, melde ich mich nach dem heutigen Karnevalsumtrunk und Leichenschmaus (ich hasse dieses Wort) zurück. Heute ist nämlich Karneval und Omas Geburtstag. Oma ist tot, aber der Karneval lebt! Das gehört gefeiert. Denn:
Der Toten gedenkt der singende, tanzende Abschaum der Welt am Besten mit Trunkenheit, Völlerei, Wollust und Rache an der düsteren Welt der lebenden Toten.
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