Mit den neuesten Enthüllungen über die Pläne der Transatlantiker ist nun klar, was TTIP wirklich ist. Ein apokalyptischer, komfuturistischer Kommentar dazu.
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http://www.commondreams.org/news/2016/03/18/latest-leak-confirms-ttip-serious-threat-democracy-we-know-it |
TTIP ist der bisher größte Schritt zu einer formellen Besiegelung der präventiven Konterrevolution auf globalem Maßstab. Das neue Abkommen zwischen den USA und der EU soll offenbar jeglichen Widerstand in den mächtigsten Staaten des Planeten durch technokratische Mittel zwecklos machen. Das transatlantische Abkommen ist die gesetzliche Grundlage für die praktische Vollendung der kapitalistischen Technokratie. Es ist ein großer Sprung nach vorn hin zu einem internationalen Totalitarismus. Denn die Herrschaft durch einen allwissenden und allmächtigen Staatsapparat wird so juristisch abgesegnet. Formal ist damit zugleich jeder Widerspruch und Widerstand kriminalisierbar.
Der Superstaat
Praktisch muss die erstrebte Koalition der herrschenden und privilegierten Klassen erst noch viele weitere Hürden nehmen. Die oberen Klassen müssen z.B. den Widerstand der Bevölkerung brechen und die Interessengegensätze der bürgerlichen Gesellschaft vereinfachen. In den Sphären von Militär, Industrie, staatlicher Verwaltung, Geheimdiensten und scheinparlamentarischem Puppenspiel muss erst noch eine Verschmelzung der Interessen umgesetzt werden. Diese Koalition aus Groß- und Kleinbürgertum muss in den verschiedenen Abteilungen von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft erst noch einen politischen Ausdruck finden. Ob sie die Form einer transnationalen Technokratenregierung annimmt oder eine weniger offensichtliche Hülle findet, ist dabei nachrangig. Zentral ist die konfliktarme Koordination der Herrschaftsapparate, die aus vielen Fraktionen in den Staaten im Kern einen fraktionslosen Superstaat macht.
Versklavung durch Versöhnung
Der Komplex aus Militär, Industrie, Politik und Geheimdiensten muss sich gegenüber der Klassengesellschaft als versöhnte Gemeinschaft darstellen. Und die Klassenversöhnung muss auch innerhalb der Gesamtgesellschaft einen bestimmten Punkt erreichen, der den sonst immer noch wackeligen Thron der Herrschenden stabilisiert. Der harte Zwang muss mit Hegemonie abgefedert werden. Die bittere Unfreiheit in der technokratischen Gesellschaft muss durch die süße Freiheit im Konsum schmackhaft gemacht werden. Nur so können die notwendigen Maßnahmen gegen die Reste der noch denkenden Biomasse durchgepeitscht werden. Die Mehrheit muss erst noch zu einer völlig steuerbaren Knetmasse geformt werden. Sie muss verführt werden. Und sie wird verführt. Sonst wird immer noch eine Lücke für Widerstand durch die Bevölkerung offen gelassen. Wird diese noch klaffende Lücke aber geschlossen, wird auch die Gesellschaft verschlossen und versiegelt. Dann gibt es auch keine offenene Gesellschaft mehr. Die relevanten Konflikte im gesellschaftlichen Dasein hören somit praktisch auf. Des Rebellentum hatte dann mal Potenzial, aber hat keines mehr. Das technokratische Bürgertum versklavt den Rest der Menschheit. Sobald dies erreicht ist, wars das, um es salopp auszudrücken.
Der Staat wird zu Gott
Um es geschichtsphilosophisch zu reflektieren: Die Geschichte ist dann in eine Sackgasse und Einbahnstraße ohne Wiederkehr geraten. Adé Fortschritt. Au revoir, Liberté. Adieu pour toujours, Emanzipation. Zai ye bu jian le, Perspektive des revolutionären Humanismus. Hat Spaß gemacht mit euch. Alle Klassenkämpfe der Geschichte waren somit letztlich sinnlos. Die Herrschaft überwältigt den Widerstand endgültig. Die Unfreiheit verdrängt die Freiheit in eine düstere Ecke. Der Staat frisst die Gesellschaft. Die "politische Gesellschaft" löst die "Zivilgesellschaft" auf. Von da an herrscht das absolute, staatliche Subjekt. Die ewige Dialektik von Subjekt und Objekt wird so im Grunde aufgehoben. Es gibt dann nur noch die Herrschaft des totalen Staates. Denn er weiß dann Alles und darf Alles. Der Staat wird zu Gott.