Der Marxist Ernest Mandel hat in seinem schönen Artikel "
Zu Trotzkis Analyse des Faschismus" einige kluge Dinge über die notwendige Strategie der Arbeiterbewegung gegen den drohenden Faschismus vermerkt. Hier ein längerer Auszug über den Aufstieg des deutschen Faschismus:
"Was die Arbeiterklasse betrifft, so wird jeder taktische Erfolg im Kampf gegen die Faschisten die Einheit in ihren Reihen festigen, ihre Kampfbereitschaft und ihre Entschlossenheit stärken. Ihr Vertrauen in ihr eigenes Schicksal und in eine sozialistische Alternativlösung der gesellschaftlichen Krise, die das Land erschüttert, wird weiter wachsen. Auf diese Weise wird der Boden bereitet für eine mächtige soziale und politische Gegenoffensive, die die sozialistische Revolution sehr rasch auf die Tagesordnung setzen kann.
All diese Chancen und Möglichkeiten hängen von der Einheit und Unabhängigkeit der Arbeiterklasse ab. Wenn die Klasse politisch gespalten bleibt, wenn die Sozialdemokraten und Kommunisten (Stalinisten) sich gegenseitig bekämpfen, anstatt ihre Reihen im Kampf gegen den Faschismus zu schließen, wenn die Kommunisten (Stalinisten) glauben, daß sie erst die Sozialdemokraten schlagen müssen, bevor sie sich mit Erfolg gegen die Faschisten wenden, wenn die Sozialdemokraten meinen, daß es unmöglich sei, die "faschistische Gewalt" zu neutralisieren, solange sich die "kommunistische Gewalt" entwickelt, wenn also der einheitliche Einsatz der Klasse in diesem historischen Kampf im Namen abstrakter und sektiererischer "Prinzipien" versäumt wird, wird die Chance immer geringer, einen angemessenen, entschiedenen und siegreichen Widerstand gegen den wachsenden faschistischen Terror (der vom bürgerlichen Staatsapparat ermutigt und immer mehr vorn Großkapital unterstützt wird) zu leisten. Man wird im Gegenteil erleben, wie eine Kettenreaktion von Zaudern, Desorientierung und Demoralisierung schließlich in die Niederlage führt. So geschehen in Deutschland trotz der zahlreichen Warnungen Trotzkis, die auch über die trotzkistischen Kreise hinaus ein Echo in anderen oppositionellen kommunistischen Strömungen fanden, wie in der KPO unter Führung von Brandler und Thalheimer, sowie in der SAP, einer linken Abspaltung der SPD.
Die deutsche Katastrophe - die kampflose Kapitulation der größten Arbeitermassenorganisationen der Welt - war ein schwerer Schlag gegen das Selbstvertrauen und das Klassenbewußtsein der deutschen und internationalen Arbeiterklasse. Die negativen Auswirkungen dieser Niederlage waren viel schlimmer als die unmittelbaren wirtschaftlichen und politischen Folgen: Die Menschheit mußte einen schrecklichen Preis bezahlen für den Irrsinn eines Otto Wels und eines Stalin (Thälmann war in diesem Falle nur ein unglückseliges Werkzeug Stalins). Sie weigerten sich, eine von der Spitze bis zur Basis reichende militante und bewaffnete Einheitsfront der deutschen Arbeiterbewegung zu schaffen, obwohl dies sogar nach dem 30. Januar 1933 noch absolut möglich und von großer Wirkung gewesen wäre. Niemals zuvor wurde die entscheidende Rolle der Führung und verräterischer Führungen - im Klassenkampf, des berühmten "subjektiven Faktors" in der Geschichte, für Marxisten klarer demonstriert als von 1919 bis 1933 in Deutschland.
Aber die politische Unabhängigkeit der Klasse ist eine ebenso wichtige Bedingung für einen siegreichen Widerstand gegen den Faschismus wie die Arbeitereinheitsfront. Während im Falle Deutschlands die verheerenden Folgen der Spaltung im Vordergrund stehen, treten im Falle Frankreichs und Spaniens in den Jahren 1934 bis 1938 die Folgen der fehlenden politischen Unabhängigkeit der Klasse krasser zutage."
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