Donnerstag, 12. Juni 2014

Boris Kagarlitzki: "Die Fahne des proletarischen Widerstands ist rot"

Boris Kagarlitzki,
Foto von www.borotba.org
Am 09.04.2014 hat die ukrainische sozialistische Organisation "Borotba" eine Aussage des russischen Sozialisten Boris Kagarlitzki veröffentlicht.

In dem kurzen Absatz geht es um den sich entwickelnden Klassenkampf des post-sowjetischen Proletariats mit anderen Klassen. Kagarlitzki nimmt die Kämpfe in der ukrainischen Stadt Charkow als Beispiel für seine These, dass in Osteuropa die Konfrontation der Klassen bereits unübersehbar ist.

Im Folgenden eine Übersetzung der Aussage Kagarlitzkis ins Deutsche durch die Bloggerschaft von alexithymiaN.blogspot.de, die dem Proletariat in Osteuropa noch mehr Klassenbewusstsein wünscht.

Boris Kagarlitzki: "Die Fahne des proletarischen Widerstands ist rot"


Der Direktor des Instituts für Globalisierung und soziale Bewegungen Boris Kagarlitzki über die neuesten Ereignisse in Charkow:

"Nichts sagt so viel über den Klassencharakter der sich entwickelnden Konfrontation in der Ukraine aus wie die zwei Menschenmengen, die sich am 7. April in Charkow gegenüberstanden. Auf der einen Seite stand unter den gelb-blauen Nationalfahnen die gut angezogene, gepflegte und wohlhabende Mittelklasse, die Intelligenzija, Studierende. Ihnen gegenüber versammelten sich mit roten Standarten, den russischen Trikoloren und Sankt-Georgs-Bändern ärmlich und schlecht angezogene Leute, Arbeiter, die Vorstadtjugend. Es war klar, dass diese Leute oft grob waren, ungebildet und keine Erfahrung hatten im politischen Kampf, dass sie weder gelernt hatten, in der ukrainischen "Sprache des Staates" schöne Reden zu halten, noch in der eigenen russischen Muttersprache, die auf dem Gebiet des alten Imperiums noch immer die Sprache der Arbeiterklasse war. Noch gestern hatten sie keinerlei Vorstellung von Politik und kein Interesse an ihr. Aber die Ereignisse holten sie ein. Sie begriffen, dass es so nicht mehr weiter gehen konnte. Die Wut packte sie. Sie betraten den Platz. Sie machen die ersten Schritte bei der kollektiven Verteidigung ihrer Interessen. Sie antworten auf Schläge mit Schlägen, auf Aggressionen mit Aggressionen, auf Übles mit Üblem. Genau das ist Klassenkampf. Nicht der Klassenkampf in den Erzählungen für romantische Jünglinge, sondern der echte, praktische Klassenkampf. Auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion hat zum ersten Mal seit vielen Jahren die Arbeiterklasse begonnen, tätig zu werden. Von Klassenbewusstsein zu sprechen ist natürlich noch zu früh. Sein Niveau ist umgekehrt proportional zur Anzahl der russischen Trikoloren in den Händen der Demonstanten. Aber sogar in der kurzen Erklärung der Republik von Donezk wurde von Kollektiveigentum, Gleichberechtigung und gesellschaftlichem Interesse geredet. Die Fahne des proletarischen Widerstands ist rot. So war es und so wird es immer sein. Es gibt kein vorgefertigtes Klassenbewusstsein. Klassenbewusstsein formiert und entwickelt sich im Prozess des Kampfes. Es wird von politischen Handlungen geformt. Aber auch wenn es noch zu früh ist, von Klassenbewusstsein zu sprechen, so ist die Konfrontation der Klassen bereits Wirklichkeit geworden."

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